da gehäuft sind rings, um Klarheit, ... (Symptome)

Boggy, Dienstag, 13.08.2019, 11:50 (vor 1689 Tagen) @ Boggy

Friedrich Hölderlin


[Vorstufe einer späteren Fassung]

Patmos
Dem Landgrafen von Homburg


Voll Güt ist. Keiner aber fasset

Allein Gott.

Wo aber Gefahr ist, wächst

Das Rettende auch.

Im Finstern wohnen

Die Adler und furchtlos gehn

Die Söhne der Alpen über den Abgrund weg

Auf leichtgebaueten Brücken.

Drum, da gehäuft sind rings, um Klarheit,

Die Gipfel der Zeit,

Und die Liebsten nahe wohnen, ermattend auf

Getrenntesten Bergen,

So gib unschuldig Wasser,

O Fittige gib uns, treuesten Sinns

Hinüberzugehn und wiederzukehren.


So sprach ich, da entführte

Mich unermeßlicher, denn ich vermutet,

Und weit, wohin ich nimmer

Zu kommen gedacht, ein Genius mich

Vom eigenen Haus. Es kleideten sich

Im Zwielicht Menschen ähnlich, da ich ging,

Der schattige Wald

Und die sehnsüchtigen Bäche

Der Heimat; nimmer kannt ich die Länder;

Doch bald, in frischem Glanze,

Geheimnisvoll

Im goldenen Rauche blühte

Schnellaufgewachsen

Mit Schritten der Sonne

Von tausend Tischen duftend


Mir Asia auf, und geblendet ganz

Sucht eins ich, das ich kennete, denn ungewohnt

War ich der breiten Gassen, wo herab

Vom Tmolus fährt

Der goldgeschmückte Paktol

Und Taurus stehet und Messogis,

Und schläfrig fast von Blumen der Garten,

Ein stilles Feuer, aber im Lichte

Hoch blüht der silberne Schnee,

Und Zeug unsterblichen Lebens

An unzugangbaren Wänden

Uralt der Efeu wächst und von lebenden Säulen

Getragen sind, von Zedern und Lorbeern,

Die felsenharten,

Die göttlichgebauten Paläste.
(...)

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.


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