Gedanken zur Psychosomatik eines Zauberberg-Verehrers und Romanautoren (Straßencafé)

W.W., (vor 3462 Tagen) @ W.W.

(Fortsetzung)

Manche kriegen es, andere kriegen es nicht!
Und nun das triftigste Gegenargument: Wenn ein Schub tatsächlich von Belastungssituationen ausgelöst werden sollte, warum bekommen dann nur so wenige einen Schub, denn unangenehme Situationen gibt es doch zu Hauf. Und warum nimmt in Kriegszeiten die MS eher ab? Liegt das nur daran, weil man nicht so genau darauf achtet und sie deshalb seltener diagnostiziert?
Ich glaube das nicht. Ich glaube, aber das ist eine reine Spekulation), dass in Belastungssituationen Hormone ausgeschüttet werden, Stresshormone, aber auch Glückshormone, die es uns erleichtern, mit dem Schlamassel umzugehen. Wenn die Belastung aber länger anhält, dann erschöpfen sich die Speicher in unserer Nebenniere, unserem Gehirn und unserem Immunsystem und diese Hormone stürzen in den Keller. Dies scheint mir das zu sein, was die MS ‚ausklinkt’.

Hat das ‚Individuelle’ nicht genetische Wurzeln?
Aber – wie gesagt – das ist eine reine Vermutung, Hardliner (also die, die felsenfest daran glauben, dass die MS-Schübe krankheits- und zufallsbedingt sind) wenden ein: Aber jeder Mensch ist doch anders! Den einen wirft ein Windhauch um, der andere trotzt dem stärksten Sturm. Das liegt eben an den ‚Genen’ und damit ist letztendlich alles doch wieder körperlich bedingt. Ich widerspreche dem. Wir haben unser Leben viel mehr in der Hand, wie wir denken. Ich persönlich glaube nicht, dass wir den Stürmen des Lebens ausgeliefert sind, wir können vieles vorhersehen und kluge Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Wer sein Haus am Fuße eines Vulkans baut, muss sich nicht wundern, wenn es beim nächsten Vulkanausbruch zerstört wird, auch wenn er noch so unwahrscheinlich ist. Dasselbe gilt für jemanden, der sein Haus in einem Erdbebengebiet baut, weil es dort so billig ist.
Und? Ist jetzt nicht alles noch komplizierter geworden, als es am Anfang war? Ich glaube nicht, denn ich plädiere dafür, dass wir mit wachen Augen unsere Umgebung beobachten und mit gesundem Menschenverstand unsere Entscheidungen treffen – wobei sich immer anbietet, das mit seinen Lieben zu diskutieren und abzustimmen.

Es gibt eine sehr primitive Sichtweise.
Wenn einem eine Laus über die Leber läuft, wird man leberkrank, wenn einem etwas auf den Magen schlägt, dann kriegt man ein Magengeschwür, und wenn man etwas nicht sehen will, dann waxht man auf und hat eine Sehnerventzündung. Ich lehne diese Sichtweise ab! Ich schätze die Stimme des Volkes sehr, aber was der Volksmund an Sprichwörtern und Redensarten hat, hat praktisch nie etwas mit Krankheiten zu tun. Krankheitssymptome sind keine Symbole! Damit meine ich, dass es ein Aberglaube ist, wenn man annimmt, unser Körper sei klüger als wir selbst und durch Symptome zu uns ‚spricht’, wenn wir die Tatsachen nicht akzeptieren wollen. Symptome ‚sprechen’ nicht zu uns, genau so wenig, wie Vögel mit uns sprechen, aber sie entstehen auf einem fruchtbaren Boden.
Wenn wir z.B. unglücklich verheiratet sind (weil der Partner langweilig ist, oder einen – ganz im Gegenteil – betrügt, oder säuft), dann zehrt das an uns und erschöpft uns innerlich, und dann kommt unser Immunsystem ins Spiel, das oft klüger ist als unser übriger Körper. Ich möchte das am Beispiel einer Depression klarmachen: Kummer und Stress -> -> Erschöpfung der Serotoninspeicher: Es ist unsinnig zu behaupten, die sich entwickelnde Depression beruhe auf einem Serotoninmangel!...

Unser Immunsystem ist klüger als wir selbst.
Auch das ist selbstverständlich? Umso besser! Ich wette, ein Marathonläufer wird nicht auf den letzten hundert Metern aufgeben, auch wenn er noch so erschöpft ist. Er wird die allerletzten Reserven mobilisieren, um ins Ziel zu kommen. Und ich denke auch, dass es mit einem alten Ehepaar nicht anders ist: Wenn der eine stirbt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihm der andere bald folgt. Weil er keine Lust mehr hat zu leben – und sich das auf sein Immunsystem schlägt.

Was ist gegen Psychotherapie einzuwenden?
Eigentlich nichts, denn an sich ist es ja ideal, wenn sich jemand Zeit nimmt, der Ahnung hat und mit einem das Leben durchforstet. Ich will Ihnen sagen, warum das so oft scheitert! Weil die Krakheit, also auch die MS, der beste Kompromiss! Ich habe früher einmal gelernt, eine Neurose sei immer zu teuer erkauft. Das ist sie nicht! Eine Neurose bzw. eine Krankheit sind oft der beste weg, um mit einem Konflikt fertig zu werden.

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