Gedanken zur Psychosomatik eines Zauberberg-Verehrers und Romanautoren (Straßencafé)
Was ist gegen Psychotherapie einzuwenden?
Eigentlich nichts, denn an sich ist es ja ideal, wenn sich jemand Zeit nimmt, der Ahnung hat und mit einem das Leben durchforstet. Ich will Ihnen sagen, warum das so oft scheitert! Weil die Krankheit, also auch die MS, der beste Kompromiss! Ich habe früher einmal gelernt, eine Neurose sei immer zu teuer erkauft. Das ist sie nicht! Eine Neurose bzw. eine Krankheit sind oft der beste weg, um mit einem Konflikt fertig zu werden.
Kommt zum Thema Psychotherapie noch mehr?
Ich fürchte, Sie lassen hier Ihre Leser im Regen stehen, indem Sie einerseits über den großen psychischen Einfluss auf die MS schreiben und andererseits anmerken, dass der Einfluss der Psychotherapie gering ist.
Was sollen all diejenigen tun, die mit Ihnen, was die Psyche anbelangt, grundsätzlich übereinstimmen?
Sie sehen das genau richtig!
Ich hatte meinen Text an dieser Stelle unterbrochen, weil ich dachte, es wird zu viel. Andererseits wollte ich etwas Zeit für das haben, was jetzt folgen soll und muss. Aber Sie haben es ja jetzt angesprochen, und ich will versuchen zu antworten.
Ursprung meiner Überlegung war, dass ich früher einmal von der Psychotherapie begeistert war, aber ich mehr und mehr merkte, dass sie endlos dauert und meistens scheitert. Mit dieser Beobachtung stand ich ja nicht allein, und es entwickelten sich z.B. die verhaltenstherapeutischen Ansätze (Watzlawick, Erikson, neurolinguistisches Programmieren...).
Was war eigentlich schief gelaufen? Ich meinte 1., die Grundidee sei falsch, und es gäbe keinen Ödipuskomplex an der Quelle jeder Neurose. 2. schien mir die Annahme nicht zu stimmen, dass der Neurotiker immer mehr unter seiner Neurose leidet, als unter den Umständen, in denen er lebt, und 3. kam es zu einem unerwarteten Meinungsumschwung der Patienten: Erst gingen sie nur widerwillig zur Psychotherapie, aber dann taten sie es immer lieber. Mit anderen Worten: Sie wurden süchtig und hegten und pflegten ihre Neurosen, um weiter zu ihren therapeutischen Papas und Mamas laufen zu können.
Ein 4. Punkt kam hinzu: Psychoanalytiker und Psychotherapeuten waren keineswegs die idealen und ausgeglichenen Menschen, die sie zu sein vorgaben. Im Gegenteil: Viele in dieser Zunft neigen dazu, den eigenen Balken, den sie im Auge haben, in ihren Patienten wiederzufinden!
So ungefähr wollte ich weiterschreiben, aber Sie merken, das will keiner lesen!
W.W.