Fanatismus (?) vs. Hysterie (Allgemeines)
Will sagen, jemand, der eine lebensverändernde Erkrankung und die Diagnose 'MS' bekommen hat, wird an einem Wende- oder jedenfalls Haltepunkt im Leben angekommen sein, sich bewusster werden bezüglich seines bisherigen Lebens ...
Das ist ein ernsthaftes Gegenargument! Es lautet: Vielen wird erst durch die Erkrankung bewusst, dass sie im Leben etwas falsch gemacht haben!
Aber wenn ich mir den Satz so angucke, dann meine ich ja, dass er eigentlich stimmt. Die Krankheit macht uns doch darauf aufmerksam, dass wir etwas falsch gemacht haben. Genau so sehe ich das, wobei ich - was ich vorsichtshalber gleich einräumen möchte - Probleme mit dem 'falsch gemacht' habe.
Ich meine mit 'falsch gemacht' nicht irgendeinen dummen Fehler, sondern es ist meiner Ansicht nach eher so, dass wir 'verstrickt' sind: 'Einmal dem Fehlläuten der Nachtglocke gefolgt, ist nie wieder gutzumachen.' (Kafka)
Ich fürchte jedoch, man meint (und Sie meinen?) etwas anderes: Sie vermuten möglicherweise, man werde durch die Krankheit 'sensibler' und fange an, die Erklärungen dafür, warum man krank geworden ist, an den Haaren herbeizuziehen. Das glaube ich nicht!
Es ist nicht die 'Überempfindlichkeit' des Kranken, die ihm einreden will, seine Krankheit sei Folge eines x-beliebigen Irrtums, den man infolge seiner Betroffenheit durch die Krankheit elefantendick aufbläst. Auf einmal wird dann eine schwarze Katze zur Auslösung einer MS, weil sie vor 5 Jahren von links nach rechts (oder von rechts nach links?) über die Straße gelaufen ist.
Ich meine, die MS hat handfeste Ursachen: Abtreibung, Enttäuschung, Liebesverlust, Tod eines geliebten Menschen oder Tieres, Arbeitsplatzverlust, voreilige Heirat... Und immer steht das 'Falschmachen' nicht isoliert da. Es ist Teil einer langen Geschichte.
Man heiratet den falschen Mann nicht nur deshalb, weil man sich vertan hat. Man wusste, dass er manchmal zu viel trank, dass er gern einen Blick auf andere Frauen warf, dass er nicht besonders zuverlässig war, dass er gern aufgeschnitten hat... Und dennoch hat man ihn genommen. Warum eigentlich? Und das hängt mit der eigenen Lebensgeschichte zusammen usw. usw.
Es ist also kein dummer Zufall, der uns krank macht. Es ist eine Geschichte, eine Melodie, die unser Leben durchzieht. Ich habe übrigens nie im Leben ein Buch geklaut - obwohl das bei mir naheliegend wäre. Ich kann das nicht, weil ich eine Geschichte habe, in der das nicht vorkommen kann oder darf.
Die MS ist viel komplizierter, als es sich viele Psychologen vorstellen!
W.W.
PS: Man könnte viel darüber schreiben, aber meinen Sie, dass das irgendjemanden interessiert? Ich könnte mir nicht einmal vorstellen, wie ich ein kleines Büchlein schreiben sollte, um es den Menschen schmackhaft zu machen. Tatsächlich dachte ich damals an Sven Böttcher und seinen hemdsärmeligen Stil, aber ich folge ihm nicht, und auch er wird mir nicht folgen.
Was ist in ganz unvollkommener Weise ausdrücken will, ist eine 3. MS-Theorie zwischen 'Die MS ist selbstredend eine organische Krankheit!' und 'Die MS ist im Grunde genommen eine Neurose!'. Sie ist beides nicht!!!