Die Schwierigkeit, ganzheitlich zu denken (Straßencafé)

Boggy, Montag, 25.09.2023, 15:46 (vor 216 Tagen) @ W.W.

Wir müssen den Körper-Seele-Dualismus überwinden!!!

Ich glaube, wirklich ganzheitlich zu denken, fällt uns sehr schwer.
Und ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, daß wir den Körper-Seele-Dualismus überwinden müssen.
Das ist imho aber schon zu weiten Teilen in der Medizin - zumindest hier und da, oder ansatzweise - geschehen.

Sie schreiben:
"Wenn man sagt, etwas sei 'körperlich' oder 'seelisch, dann scheint mir das eine unangemessene Vereinfachung zu sein."

Ja, in vielen Fällen halte ich das ebenfalls für eine "unangemessene Vereinfachung". (Ich traue mir hier keine absolute Aussage zu.)

Wenn Sie dann weiter schreiben:
"Etwas ist 'körperlich' oder 'seelisch' und (!) noch eine ganze Menge dazwischen."

Dann bleibt das meiner Ansicht nach noch immer im dualistischen Denken, das "Körper" auf der einen Seite von "Seele" (Psyche) auf der anderen trennt, und nun zusätzlich ein Dazwischen erschaftt.

Ich verstehe den Organismus, mit dem von mir schon oft hier zitierten Kurt Goldstein, als eine untrennbare Einheit von Körper-Psyche-Geist. Nach Goldstein sind das nur "Aspekte" des ganzen, nicht teilbaren Organismus. Wir abstrahieren nur diese Einzelaspekte und geben ihnen in der Vorstellung eine unabhängige Einzelexistenz, um besser darüber reden/nachdenken zu können.

Ich bringe nochmal das Originalzitat von Goldstein:
"Diese drei am menschlichen Organismus zu beobachtenden Erscheinungen werden gewöhnlich unter den Termini 'Geist', 'Seele' und 'Körper' beschrieben.
Es ist dagegen nichts einzuwenden, wenn man sich darüber klar ist, dass damit nicht drei isolierte Seinssphären gemeint sind, die irgendwie sekundär miteinander in Beziehung stehen,
sondern dass es sich bei dieser Charakterisierung um Abstraktionen handelt, jede von ihnen ein künstlich isoliertes Moment organismischen Gesamtgeschehens darstellt."

Danach - um wieder zu Ihnen zu kommen - haben wir es nicht mit "Körper" hier "Seele/Psyche" da und etwas dazwischen (Sie sprechen z.B. vom Immunssystem) zu tun, sondern alles was wir tun, erleben, erleiden etc. betrifft immer den gesamten Organismus;
allerdings sind nicht alle Aspekte in jedem Fall gleichermaßen beteiligt. Mal spielt sich etwas mehr oder hauptsächlich (oder ganz) im Körperaspekt ab, mal mehr im Psycheaspekt, aber nie als vom Gesamtorganismus getrenntes Geschehen.

Das heißt in meinem Verständnis auch, daß Geist und Materie, Psyche und Materie, also Psyche und materieller, organischer Körper, nicht getrennt sind. Oder anders ausgedrückt, geistige Prozesse sind immer auch materielle also körperliche Prozesse. Jeder Gedanke, jede Vorstellung ist körperlich-organisches Geschehen. Beispiel: Der Gedanke an eine Spinne ruft bei einem Spinnenphobiker sofort Angst hervor, auch als körperlicher Prozeß.

Das ist komplex, und ich bin dabei mich zu versteigen ...

Also was?! Verkürzt: Es kommt für mich darauf an, bei jeder Krankheit genau zu erforschen und dann überprüfbar festzustellen, welcher "Aspekt" des Organismus in welchem Maße ursächlich für eine Krankheit ist.
Das Immunssystem steht nicht dazwischen; es ist materieller Teil des Organismus, und wird durch körperliche und geistig-psychische Prozesse in seinem jeweiligen Zustand aufrechterhalten.

Und abgesehen davon existiert der Organismus auch nie unabhägig von seiner Umgebung. Er ist untrennbar, in Wechselwirkungen, Teil des Umfeldes.
Das kommt sozusagen noch erschwerend hinzu.

Uff ...

Gruß
Boggy

--
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