Jetzt gilt das für Gesunde ... nicht unbedingt ... (Allgemeines)
Ja, Zeitungsartikel und Studien, ein ewiges Ärgernis.
Das fängt schon damit an, daß die Studie so lautet:
"Integrating the environmental and genetic architectures of aging and mortality",
das heißt übersetzt: "Integration der umweltbedingten und genetischen Architektur von Alterung und Sterblichkeit"
https://www.nature.com/articles/s41591-024-03483-9
Da ist von "Lebensstil" noch keine Rede.
Weiter, Zitat:
"Hier wollten wir die relativen Beiträge der Umwelt (als Exposom bezeichnet) und der Genetik zu Alterung und vorzeitiger Sterblichkeit quantifizieren." Wobei später im Artikel allerdings auch persönliche (Verhaltens)-Faktoren mit einbezogen werden, z.B Rauchen. (s.u.)
Nun finden wir auch im tagesschau-Text erfreulicherweise folgende Aussage:
"Entscheidend für die Lebensdauer seien die Lebensumstände, der sozioökonomische Status und die Finanzen, 'sie bestimmen größtenteils, wie lange du lebst', fasst van Duijn die Ergebnisse zusammen."
Die "Lebensumstände, der sozioökonomische Status und die Finanzen" können wohl kaum als "Lebensstil" in dem Sinne bezeichnet wreden, als hätten wir da generell eine freie Wahl und könnte selbst entscheiden. Der Begriff "Lebensstil" legt aber nahe, daß es sich hier um etwas handelt, für das wir uns frei entscheiden können, und in dem Sinne wiederum wir auch selbst (und allein) dafür verantwortlich sind.
(Wobei ich selbst bei Faktoren wie Rauchen, oder Drogenkonsum allgemein, es durchaus für diskutabel halte, inwieweit hier eine rein freiwillige Entscheidung vorliegt, oder ob der Druck durch die objektiven Verhältnisse nicht schwer vermeidbar mit hineinspielt.)
So schreibt dan auch der tagesschau-Text gaaanz zum Schluß:
"Denn letztlich
[ob "letzlich" oder nicht eher "vorrangig" ist hier wohl die Frage; Boggy]
ist Gesundheit auch eine soziale Frage:
Wer [unter anderem! und neben einer Menge mehr; Boggy] über mehr Bildung und damit meist über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, kann schließlich gesünder leben - und dadurch meist auch länger. Diese Erkenntnis wird ebenfalls durch die Studie untermauert."
Was allerdings dem Anfangssatz eher im Widerspruch gegenübersteht; der lautete: "Ob wir gesund alt werden und lange leben, können wir maßgeblich selbst mitbestimmen."
Das "maßgeblich" ist wohl fraglich. "Zum Teil" dürfte zutreffender sein.
Zurück zur Originalstudie:
"Wir haben festgestellt, dass der Beitrag des Genoms und des Exposoms bei den verschiedenen Störungen sehr unterschiedlich ist. (...)
Wir stellen fest, dass in unserer Stichprobe Rauchen, sozioökonomischer Status und Benachteiligung, ethnische Zugehörigkeit, körperliche Aktivität, das Zusammenleben mit einem Partner, Schlaf und geistiges und körperliches Wohlbefinden einschließlich Müdigkeit sowie frühkindliche Faktoren wie Körpergröße und -umfang im Alter von 10 Jahren und mütterliches Rauchen um die Geburt herum die wichtigsten Einflussfaktoren für vorzeitigen Tod und Altern sind.
Unsere Studie zeigt, dass die Umweltarchitektur der Sterblichkeit und des Alterns aus vielen miteinander verknüpften Faktoren besteht, die einzeln manchmal nur einen kleinen Teil der Schwankungen bei der vorzeitigen Sterblichkeit ausmachen, aber in ihrer Kombination einen erheblichen Anteil der Schwankungen bei der vorzeitigen Sterblichkeit erklären, der weit über den des multigenetischen Risikos hinausgeht. (...)
Bei unserer Analyse sind mehrere Einschränkungen zu beachten. Erstens: Trotz unseres prospektiven Studiendesigns und der sorgfältigen Bewertung der umgekehrten Kausalität und des Confoundings sind die berichteten Zusammenhänge möglicherweise nicht kausal. ... "
Gruß
Boggy
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Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.