Viren in unsere DNA - na klar? (Allgemeines)

Boggy, Dienstag, 22.02.2022, 12:17 (vor 788 Tagen) @ Boggy

Hier etwas mehr Substanz aus dem Spektrum-Artikel:

"Ähnliches gilt für multiple Sklerose.
»Man hat unter anderem erhöhte Mengen von RNA beziehungsweise von Proteinen humaner endogener Retroviren bei MS-Patienten im Vergleich zu Kontrollprobanden gefunden«, fasst der Immunologe und Molekularbiologie Martin Staege von der Universitätsmedizin Halle [das ist die Gruppe um Dr. Emmer u.a.; Boggy] die Ergebnisse aus der Forschung zusammen.
Selbst Viruspartikel habe man in geeigneten Proben nachweisen können.

»Unklar ist, ob endogene Retroviren wirklich für die Erkrankung verantwortlich sind oder ob ihre Aktivierung ein Phänomen ist, das erst im Zuge der Erkrankung auftritt.« Tatsächlich konnten die meisten Untersuchungen bislang nur Korrelationen zwischen endogenen Retroviren und Hirnerkrankungen aufdecken. Was Ursache und was Wirkung ist, ist daher vielfach unklar.
(...)

Die zentrale Frage lautet dabei erst einmal: Wie kommt es überhaupt dazu, dass Virusgene bei Menschen mit Hirnerkrankungen verstärkt abgelesen werden?
(...)

»Man geht davon aus, dass epigenetische Mechanismen normalerweise als Bremse wirken und die Expression der Virengene unterdrücken«, erklärt der Neurobiologe Patrick Küry von der Universität Düsseldorf.
Zu diesen Bremsen gehören etwa chemische Schalter wie Methylgruppen, die an der DNA hängen und Gene ausschalten können. Doch unter bestimmten Umständen können sie gelockert werden – zum Beispiel durch Infektionen mit anderen Viren wie dem Epstein-Barr-Virus, sagt Küry.
(...)

Besonders deutlich wird das bei der multiplen Sklerose, bei der das eigene Immunsystem Nervenzellen angreift und schädigt. Selbst wenn es gelingt, einzelne Krankheitsschübe medikamentös zu unterbinden, degenerieren im Hintergrund permanent Nervenzellen.
Eine Rolle spielen dabei die Mikrogliazellen. Patrick Küry und seine Kollegen konnten zeigen, dass eine Aktivierung durch humane endogene Retroviren bei MS-Patienten zu einem aggressiveren Typ von Mikroglia führen kann."

Das ist eine lückenhafte Zusammenstellung von kurzen Auszügen, um einen ersten Eindruck zu geben. Um sich nicht zu verwirren, muß man selbst den Artikel lesen!

Und nun eine Themenwechsel, ohne sich allzuweit zu entfernen:

"Im Rahmen der Studie wurden 61 eineiige ­- also genetisch identische - Zwillingspaare untersucht, von denen jeweils ein Zwilling an MS leidet und der andere Zwilling gesund ist. "Obwohl auch die gesunden Zwillinge ein maximales familiäres Risiko für das Auftreten einer MS tragen, gab es bei ihnen keine klinischen Anzeichen für eine MS", sagt Dr. Lisa Ann Gerdes, Neuroimmunologin am Institut für Klinische Neuroimmunologie des LMU Klinikums und Leiterin der MS Twin Study.
(...)

Zentrale Frage der Forscher : "Wie kann das Immunsystem von zwei genetisch identischen Individuen in nur einem Fall zu dieser deutlichen Entzündungsreaktion und massiven Nervenschäden führen, während es beim anderen Zwilling zu keinerlei Schäden kommt", erläutert Prof. Becher vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich.

Beim Vergleich der Immunprofile der Zwillingspaare fanden die Forscher die grössten Unterschiede in sogenannten Zytokin-Rezeptoren, also in der Art und Weise, wie Immunzellen untereinander kommunizieren.
(...)
Die identifizierten Zellen wiesen Merkmale von erst kürzlich aktivierten Zellen auf, welche sich in einer Entwicklung zu voll funktionsfähigen T-Zellen befanden. "Möglicherweise haben wir hier den zellulären Urknall der MS entdeckt – Vorläuferzellen, aus denen krankheitsverursachende T-Zellen entstehen", erklärt Prof. Becher in einer Pressemitteilung."

Quelle:
https://www.gesundheitsstadt-berlin.de/neue-erkenntnisse

Also: so sehr ich mich über neue, und mehr oder weniger eindeutige Erkenntnisse zur MS freue, so sehr ist das Ergebnis bei mir leider oft nicht mehr Klarheit, sondern eher eine weiter zunehmende Unübersichtlichkeit.
Wo sich das Eine zu entschlüsseln scheint, fehlt an anderer, neuer Stelle die Möglichkeit, diese Ergebnisse in bezug zueinander zu setzen, bzw. kausale Wirkungsbeziehungen zwischen den Einzelerkenntissen aufzuzeigen.
Aber vielleicht liegt das ja auch an all dem bestehenden Umwissen, was ich laienhaft mit mir rumtrage.

Möglicherweise sehe ich aber schlichtweg den Mischwald vor lauter Bäumen nicht. Oder lasse mich nur vom durchaus notwendigen und nützlichen Unterholz verwirren.
(Wenn ich mir mal eine Metapher erlauben darf, auch wenn ich sowas [Metaphern anstelle von sachbezogenen Aussagen] normalerweise nicht für zielführend halte. ;-) )

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.


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