Was kann man tun, damit eine Fatigue von einer Depression unterschieden wird? (Symptome)

Boggy, Samstag, 29.12.2018, 17:08 (vor 1944 Tagen) @ stellanova

Jahrelang habe ich Probleme mit starker Erschöpfung, häufig Frontalkopfschmerz, Konzentratuonsstörungen etc.

Ich kenne bei mir die Fatigue hauptsächlich als starke körperliche und geistige (Konzentration) Erschöpfung und Schwäche.

Ich möchte hier hervorheben, daß das auch körperliche, also auch muskuläre (!) schnelle Erschöpfbarkeit und Schwäche einschließt. Das wird oft vernachlässigt!

Jedoch bin ich motiviert, möchte Sport betreiben. ZB. Nordic Walking oder Schwimmen. Allerdings bin danach, auch der Folgetag kann betroffen sein, fix und fertig. Ohne mich verausgabt zu haben.

Was ich kenne: wenn ich mich körperlich überlastet haben, dann macht sich das auch am Folgetag noch deutlich bemerkbar.
Ich kenne z.B. die "erfrischende" Wirkung von draußen Spazierengehen/Bewegen, aber ich kann das oft nicht, weil ich muskulär zu schnell zu schwach werde.

Deshalb ist gerade der oft gepriesen "Sport" als Gegenmittel gegen Fatigue, eben genau durch die Fatigue u.U. ein falscher Weg, wenn man nicht auf sich selbst und die tatsächlich vorhandenen Kräfte achtet.

Ärzte erklären sofort, dass es sich um eine Depression handelt. Therapien schlagen aber nicht an. Im Gegenteil, ich fühle mich u.a. missverstanden und gehe psychisch schlechter raus, als ich reingegeangen bin. Antidepressiva vertrage ich absolut nicht.

Ich unterscheide Fatigue von Depression an den Gefühlszuständen: bin ich "nur" erschöpft, ist es Fatigue. Stecke ich unabhängig von körperlicher oder geistiger Überlastung in niedergeschlagenen, dunklen Gefühlen und Bedrücktheit fest, und verbessert sich das nicht durch Ausruhen, gehe ich eher von einer "depressiven" Stimmungslage aus (damit meine ich aber nicht sofort einen psychopathologischen Zustand).

Achtung: das Erleben von Fatigue, verbunden mit dem Erleben des Nicht-mehr-könnens-obwohl-ich-möchte kann als Reaktion darauf zu Niedergeschlagenheit als Gefühlszustand führen. Denn hier erleben wir Verlust. Der will verarbeitet werden, da sind Schmerz und Trauer im Spiel.

Inzwischen mag ich keinen Arzt mehr darauf ansprechen und schleiche mich so durch.
Hat jemand positive Erfahrungen machen können? Wohin kann man sich wenden? Das Angebot bei Fatigue scheint ja leider überschaubar zu sein.

Meine Antwort auf meine Fatigue: ich muß mit ihr leben, und mein Leben darauf einstellen. Vorrangig bedeutet das, daß ich meine MS-bedingten, sich verschlechternden Leistungsgrenzen beachten muß.

Das ist nicht gerade ein erfreuicher Ausblick, aber ein realistischer, glaube ich.

Gruß
Boggy

Hier noch zwei Fatigue-Beschreibungen/Definitionen:

In einer Stellungnahme des Ärztlichen Beirats der DMSG wird so definiert:
"Die Fatigue gehört zu den häufigsten und belastendsten Symptomen der MS, deren Ursachen bisher nur unvollständig aufgeklärt sind und die die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit soweit herabsetzen kann, dass Alltag und berufliche Anforderungen nicht mehr bewältigt werden können. Es ist gut bekannt, dass die Fatigue schon in Stadien der MS behindernd ist, in denen motorische Funktionen kaum betroffen sind."
Ähnlich auch in anderen Quellen.
Fatigue ist nicht = allgemeine Erschöpfung. Fatigue ist auch nicht nur = Müdigkeit.
Problem: Fatigue ist ein allgemeiner Fachbegriff für Erschöpfung, und muß näher gekennzeichnet werden, will meinen: Krebs-Fatigue ist etwas anderes als MS-Fatigue. Das ist mißverständlich.


Noch ne Quelle: "MS in Focus", 2007:

"Ein Großteil der Patienten mit Multipler Sklerose (MS) leidet neben vielen anderen Symptomen auch an der sogenannten Fatigue. Mehreren Studien zufolge weisen über 75-80% der Erkrankten diese massive, körperliche und geistige Ermüdbarkeit auf. 40-60% der Betroffenen betrachten sie als das MS-Symptom, das sie am stärksten beeinträchtigt
Fatigue hat unterschiedliche Auswirkungen
Die Auswirkungen dieses vielschichtigen Symptomkomplexes können individuell sehr unterschiedlich sein: Viele Patienten fühlen sich bereits nach Alltagstätigkeiten, die sie früher nicht angestrengt haben, wie Duschen, Abwaschen oder Staubsaugen, völlig ausgelaugt. Auch das Begleiten des Kindes zu einem Fußballspiel, ein Einkaufsbummel mit der Freundin oder ein netter Abend in einem Restaurant können zu unüberwindbaren Hindernissen werden, weil die Energie dafür einfach fehlt.
Der Erschöpfungszustand kann so weit reichen, dass ohne eine Ruhepause nichts mehr möglich sind. Bei einigen Patienten geht er zudem mit einer Verschlechterung anderer MS-Symptome einher, etwa einer Zunahme der Bewegungs-, Konzentrations- oder Sehstörungen. Teilweise sind jedoch auch nur einzelne Muskelgruppen betroffen, was sich beispielsweise als Schwäche in der Hand nach längerem Schreiben bemerkbar macht."

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Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.


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