über MS sprechen und denken (Allgemeines)

Boggy, Freitag, 16. Februar 2024, 14:02 (vor 269 Tagen)

Sprache hat Wirkung, hat Auswirkungen, auf die Art und Weise, wie ich lebe, erlebe, wie ich mich durch die Welt bewege. Wie ich spreche, und wie ich denke - in Worten - hat Auswirkungen. Worte erzeugen Vorstellungen - Vorstellungen, innere Bilder bewirken fast gleichzeitig bestimmte Verfassungen meines Organismus auf allen Ebenen (Körper, Psyche, Geist).

Also: habe ich MS? Bin ich an MS erkrankt? Lebe ich mit MS? Kämpfe ich gegen MS? Behandle ich MS? Behandle ich meine MS? Gehe ich irgendwie mit MS um? Finde ich Wege, mit der MS zu leben? Gegen MS zu leben? Ist die MS Etwas (Böses?) in mir? Ist MS einfach Teil von mir, wie zunehmender Haarausfall? Oder ... oder ...?

Oder ist das so nebensächlich, daß man / ich / wir überhaupt keinen Gedanken darauf verwenden sollten?

Was mich betrifft, so bin ich meistens MS-krank, an MS erkrankt, oder öfter der Einfachheit halber, habe ich MS.
Ich kämpfe nicht gegen MS. Herrjeh, das fehlte noch, wo ich eh wenig Kraft habe. Ansonsten wechselt meine Einstellung zur MS (meine MS geht mir selten über die Lippen - das ist mir zu nah, zu intim; so freundlich fühle ich mich nicht; da möchte ich lieber etwas sachlichen Abstand).
Ich suche Wege mit dem, was die MS mir so an Hindernissen und Einschränkungen erschafft.
Und ich überlege, wie ich meinen Organismus (also "mich selbst") dabei unterstützen kann, möglichst gute Grundlagen zu schaffen, dafür, daß die MS nicht schneller (oder gar nicht, falls das geht) fortschreitet - im Bewußtsein, daß meine Einflußmöglichkeiten begrenzt sind, und ich bei allem, was ich tue, nicht mit Sicherheit weiß, wie wirksam es tatsächlich ist, und ob überhaupt. Weder hoffen noch nicht-hoffen; sondern tun, was geht und was mir sinnvoll erscheint. Und dann schaun wa mal.

Wie komme ich heute auf diese Thema? Mal wieder der englische Guardian:

https://www.theguardian.com//king-charles-speak-cancer-winning-losing-war-bowel-language

"Die Krankheit von King Charles soll endlich die Art und Weise ändern, wie wir über Krebs sprechen: Es geht nicht darum, einen 'Krieg' zu gewinnen oder zu verlieren.
(...)
Diese Sprache der Gewalt ist der Kern des Tabus. Die Patienten leiden nicht an Krebs, sondern "kämpfen" immer gegen ihn. Sie gehen zum Sieg oder zur Niederlage, zum "Gewinnen" oder "Verlieren" des Kampfes über. Wenn sie überleben - selten "geheilt" - bleiben das Stigma oder die Narben.
(...)
Später traf ich eine Gruppe von Krebslinguisten, die davon regelrecht besessen waren, das Tabu zu beseitigen. Der amerikanische Psychologe David Hauser plädiert seit langem für ein Ende der militärischen Sprache. (...) Kriegslust, so sagt er, kann dazu führen, dass aggressive Behandlungsstrategien übermäßig begünstigt werden und der Palliativmedizin wenig Beachtung geschenkt wird. Und das, obwohl eine solche Pflege heute oft als die beste und angenehmste Methode zur Verlängerung der Lebenserwartung gilt.

Schlimmer noch, die Sprache des Kampfes kann die Patienten stark demoralisieren, indem sie ihnen das Gefühl gibt, dass sie irgendwie Schuld an ihrem Schicksal sind. Wenn sie sterben, liegt das daran, dass sie nicht hart genug gegen den gefürchteten Feind gekämpft haben?."

Ein schönes Wochende wünscht
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

über MS sprechen und denken

kerstin, Freitag, 16. Februar 2024, 17:48 (vor 269 Tagen) @ Boggy

Mir fällt dazu spontan ein :

(komme gerade von einer Beerdigung eines 55jährigen Bekannten, der an den Folgen von ALS gestorben ist und von sich sagt, nach 9 Jahren schwersten Einschränkungen, : "ich hatte ein gutes, glückliches Leben")

dass es oft in Traueranzeigen heißt, "gekämpft ... und doch verloren ..."

Ich weiß nicht, wie das mit dem Kämpfen bei Krankheiten geht, was eigentlich ist damit gemeint ?

Mich ganz doll anstrengen, zu Ärzten laufen, viele Medikamente nehmen ???

Erschießen kann ich "meine" MS nicht, Ersäufen, Aushungern ??? Hilfe, was kann ich tun, Vergiften vielleicht, aber was auch immer, ich gehe mit dabei drauf.

Kerstin

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über MS sprechen und denken

agno, Freitag, 16. Februar 2024, 23:52 (vor 269 Tagen) @ Boggy

Sorry, inzwischen ist die MS ein Teil von mir. Wozu soll ich über MS sprechen?
Vor allem mit wem?
Solche Gespräche sind unerfreulich. Da hatte mich sogar mal ein Passant am Bahnhof einer fremden Kleinstadt, zuerst gefragt ob ich krank bin? Als ich verneinte hat er mich wüst beschimpft.
Krankheit? Hat der meine MS gemeint???
Eventuell müsste ich mal ausprobieren, wie ein Passant reagiert, wenn ich ihn frage wie es seinem Fußpilz geht?

agno

Im Kampf gegen die Krankheit:
Wer ist der kämpfende Ritter und wer ist der Knappe?

[image]
Oder ist das Ziel, sich von einer Krankheit zu befreien eher ein Roulettspiel?[image]

oder ist alles nur ein Gebet? [image]

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Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

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