Der Mißbrauch von Kunst zum Leid-wesen vieler (aller?) (Straßencafé)

Boggy, Mittwoch, 07.12.2022, 14:16 (vor 506 Tagen)

Ich weiß, dies ist ein sehr weit hergeholter Zusammenhang, aber für mich ist er das nicht so sehr wie vielleicht für Andere.
Wie bekannt bin ich chronisch krank. Wie bekannt, an einer unheilbaren, progredienten Krankheit.
Wie viele andere auch, suche ich nach allem Möglichen, das mir hilft und mir etwas ins Leben bringt, das auf irgendeine Weise HEILSAM für mich ist.

Dazu gehört in meinem Fall Musik, Dichtung, Literatur (und mehr ...).
Malerei nicht in dem Maße, aber auch ... und da habe ich mich - wie hier nachlesbar - schon mächtig darüber aufgeregt, wie Klimaaktivisten in gedankenloser, verirrter Dummheit und Respektlosigkeit Kunstwerke gefährdet und mißbraucht haben.

Nun geht es, von ukrainischer Seite gegen Musik. Ein Angriff auf Kunst und Künstler. In diesem Fall ist es Tschaikowski und seine Musik. Der springende Punkt: Was Tschaikowski "disqualifiziert", ist die Tatsache, das er Russe ist. Und deshalb gehört er laut ukrainischem Kulturminister boykottiert. =>

"Als ukrainischer Kulturminister bitte ich Sie, Tschaikowsky zu boykottieren, bis der Krieg vorbei ist."

Quelle:
https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/dec/07/ukraine-culture-minister-boycott

Außgerechnet Tschaikowski, der im damaligen Rußland seine Homosexualtät geheimhalten mußte, der also auch heute im Putinschen Rußland mit der zunehmenden Hetze gegen und Unterdrückung von homosexuellen Menschen seine Sexualität verbergen müßte.

Ich beginne, nicht zum ersten Mal, eine zunehmend kiritische Haltung gegenüber der ukrainischen Führung einzunehmen. Es gibt, auch als Opfer eines Angriffskrieges, Grenzen dessen, was man tun sollte. Nationalistische Hetze kann nicht durch nationalistische Hetze ersetzt werden. Ein Musiker und seine Musik kann nicht nur auf Grund seiner Nationalität gebrandmarkt werden.

Im März sagte Claudia Roth:
"«Es wäre verheerend, wenn wir jetzt in einen Kulturboykott geraten würden.
Dass wir Tschaikowski nicht mehr hören können. Oder russische Rockmusik, weil es von Russen kommt.
Dass wir Dostojewski oder Tschechow nicht mehr lesen dürfen, weil es russische Literatur ist.»
Auch russische und belarussisch Künstler und Künstlerinnen seien für Freiheit und Demokratie auf die Straße gegangen. «Lasst uns die Kultur gemeinsam verstehen als etwas, wo die Menschen zusammenkommen, wo man Kraft schöpfen kann und wo die Gemeinsamkeiten ihre Bedeutung bekommen»"

Quelle:
https://www.welt.de/regionales/berlin/article237664019/Roth-Solidaritaet

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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nicht gut

agno @, Mittwoch, 07.12.2022, 15:24 (vor 506 Tagen) @ Boggy

https://www.nzz.ch/international/razzia-gegen-reichsbuerger-wie-gross-war-die-gefahr-ld...
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/sport/tabea-kemme-wm-katar-fussball-homosexualitaet-...

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

Der Mißbrauch von Kunst zum Leid-wesen vieler (aller?)

fRAUb, Donnerstag, 08.12.2022, 06:08 (vor 505 Tagen) @ Boggy

Naja.
Selenskyj's Dekret ist weder schön, noch gut.
Allerdings erscheint es mir im Angesicht der Situation, in der sich die Ukraine gerade befindet, eher wie eine hilflose Geste.
Menschen sitzen in kaputt gebombten Häusern, ohne Strom, Gas und Wasser, bei Temperaturen um - 5°C.

Da liegt mir, ganz ehrlich, die Empathie für die armen Menschen, näher, als das Selenskyj in einer mehr oder minder hilflosen Geste, das konsumieren russischer Kultur und Kunst, bis zum Kriegsende verbietet.
Die Energie - Infrastruktur der Ukraine ist zusammen gebrochen. Ich glaub, ehrlich gesagt nicht, dass irgendjemand in der Ukraine gerade drüber nachdenkt in der Situation "och, jetzt könnt ich aber grad mal Tschaikowsky hören", Tolstoy lesen oder sonst was.

Die haben andere Probleme, glaub mir.
Probleme, die sich einige hier, mit unserem verwöhnten westlichen Hintern, gar nicht vorstellen können.
Und das meine ich so, wie ich es schreibe.

Im übrigen, lieber Karl Lauterbach, bricht die (medizinische) Versorgung dieses Landes gerade mehr oder weniger zusammen.
Die Pflege pflegebedürftiger Menschen soll, nach Berichten, die mir in den letzten Tagen zu Ohren kamen, bereits von pflegediensten abgelehnt worden sein und es sei schwierig jemanden zu finden.

Zurück zur Situation in der Ukraine :

https://youtu.be/U8MwYX5cgtQ

Der erste Satz in dem Trailer, reicht aus.

Vielen Dank (posthum) an Hermann Scheer. Seine Politik hat mich geprägt.

Und an Hendrik Paulitz
("Wir haben keinen Strom!")
Ich habe den Ruf gehört.
Wir haben getan, was wir konnten.

Vielen Dank an meinen lieben Mann und unser liebes Kind, die den Weg mit mir gegangen sind und handeln möglich gemacht haben!

Ich wünsche allen ein gutes Weihnachtsfest. Geniesst es!

Es könnte das letzte sein, das wir für lange Zeit im alt hergebrachten Rahmen feiern können.

Es war mir eine Ehre, dem Ruf, nach so vielen Jahren endlich folgen zu können!

Der Mißbrauch von Kunst zum Leid-wesen vieler (aller?)

W.W. @, Donnerstag, 08.12.2022, 10:49 (vor 505 Tagen) @ fRAUb

Es ist so schwierig!:-( Ich kann nicht verstehen, dass die Ukraine Tschaikowsky verbietet, aber ich kann verstehen, dass in Israel Richard Wagner lange Zeit verboten war. Jedes Urteil ist so schwierig. Ist Kandinsky Kunst oder dann das weg? Es soll sogar Menschen geben, die Joseph Beuys für einen Künstler halten.:confused: Oder Andy Warhol. Oder Benjamin Britten.

Wolfgang

Der Mißbrauch von Kunst zum Leid-wesen vieler (aller?)

Boggy, Donnerstag, 08.12.2022, 12:08 (vor 505 Tagen) @ fRAUb

... es ist diese unterschiedslose Diskriminierung.
Diese aberwitzige Verknüpfung der Kunst und der Kunstwerke eines Landes mit einem aktuellen, unterdrückerischen Regime.
Alles, was "russisch" ist, wird auf einmal ausgegrenzt.
Ohne Unterschied, ohne Unterscheidungen - Denken und Verstand werden abgeschaltet.
Das sind die Denkmuster totalitärer Systeme, die sich hier einschleichen.

Ach ja, und: seit wann kann man denn nicht geichzeitig Mitgefühl mit dem Leid der Menschen haben UND im selben Moment auch die Politik der ukrainischen Führung kritisch angehen, wenn man sie für falsch hält?
Das Eine schließt das Andere ja wohl nicht aus.

Gruß
Boggy

--
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Kunst & politische heiße Luft...

agno @, Donnerstag, 08.12.2022, 12:41 (vor 505 Tagen) @ Boggy

Lieber Boggy
Muss man alles auf die Goldwaage legen, was Menschen in großer Not, so den lieben langen Tag "verkünden"? [image]
Würdest Du Dir von Selensky deine Musik oder deine Literatur verbieten lassen? Ja, ich habe gehört, dass die im Kriegsgebiet zimmlich einen aus Symbole machen. Brückengeländer in Nationalfarben... Teilweise ist da nun mehrfach gestrichen.
Inwieweit alte russische Künstler eigentlich "Ukrainer" waren, ist noch eine andere Frage.
Wenn man mich nun fragen würde, welche Meinung ich zur Verteidigungsministerin habe?
Mein Gott! Macht euere Arbeit!
lG agno
[image]

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Teilboykott

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Donnerstag, 08.12.2022, 13:23 (vor 505 Tagen) @ agno

.
Ich fahre grad nicht nach Moskau.

Russisch Brot essen ich trotzdem,
Weil ich das mag.

Tschaikowsky liegt mir nicht,
lass ich also eh sein.

Gruß und Frieden für alle Menschen guten Willens


PS:Ob russisch Brot eine unzulässige kulturelle Aneignung ist, frag ich lieber nicht ...

Ich hab auch in den vergangenen Tagen eine wunderbare korsische Salami vom Eichelschwein gegessen, dazu etwas französischen Brie, griechische Oliven und türkische Simit. Der italienische Sangiovese rundete das Mahl ab.

--
das Geheimnis der Medizin besteht darin,
den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

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Teilboykott

agno @, Donnerstag, 08.12.2022, 14:43 (vor 505 Tagen) @ naseweis

Ich fahre grad nicht nach Moskau.
Russisch Brot essen ich trotzdem,
PS:Ob russisch Brot eine unzulässige kulturelle Aneignung ist, frag ich lieber nicht ...

https://www.chefkoch.de/rs/s0/russische+eier/Rezepte.html
und nun????
fragt sich agno

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

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Vollboykott

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Donnerstag, 08.12.2022, 19:20 (vor 505 Tagen) @ agno

Ich fahre grad nicht nach Moskau.
Russisch Brot essen ich trotzdem,
PS:Ob russisch Brot eine unzulässige kulturelle Aneignung ist, frag ich lieber nicht ...


https://www.chefkoch.de/rs/s0/russische+eier/Rezepte.html
und nun????
fragt sich agno

Russische Eier mocht ich noch nie. ....
..:..
..... .:...
............. ...:..

diese schwarzen Kügelchen vom Hering sind nicht meines.

Ausserdem wusste ich schon als Kind,
dass hartgekochte Eier Ohrenweh machen :crying:


Das hat nichts damit zu tun, dass mein Vater lange in russischer Kriegsgefangenschaft war
(bis октябрь `47)

--
das Geheimnis der Medizin besteht darin,
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Sisyphos hatte es auch nicht leicht

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Doro @, Donnerstag, 08.12.2022, 23:44 (vor 505 Tagen) @ naseweis


diese schwarzen Kügelchen vom Hering sind nicht meines.

Die Kügelchen vom Hering würde ich auch nicht nehmen. Wenn, dann vom Stör. Man gönnt sich ja sonst nichts.:-)

Und meine Matroschka behält ihren Ehrenplatz bei meinen Jugend- bzw. Kindheitserinnerungen. Sie war nämlich ein Geschenk einer Brieffreundin aus der damaligen Sowjetunion. Diese Brieffreundschaften waren in meiner Kindheit "in". Wir mußten ab der fünften Klasse Russisch lernen. Hat uns nicht geschadet.
Das war aber alles vor langer Zeit.

Und Tolstoi und Dostojewski bleiben für mich die größten Schriftsteller aller Zeiten. Das laß ich mir weder von meinem Hass auf den Irren im Kreml noch von dem in Kiew kaputt machen.

Doro

--
"Lerne zuhören, und du wirst auch von denjenigen Nutzen ziehen, die nur dummes Zeug reden." Platon

Vollboykott

fRAUb, Freitag, 09.12.2022, 04:20 (vor 505 Tagen) @ Doro


diese schwarzen Kügelchen vom Hering sind nicht meines.


Die Kügelchen vom Hering würde ich auch nicht nehmen. Wenn, dann vom Stör. Man gönnt sich ja sonst nichts.:-)

Und meine Matroschka behält ihren Ehrenplatz bei meinen Jugend- bzw. Kindheitserinnerungen. Sie war nämlich ein Geschenk einer Brieffreundin aus der damaligen Sowjetunion. Diese Brieffreundschaften waren in meiner Kindheit "in". Wir mußten ab der fünften Klasse Russisch lernen. Hat uns nicht geschadet.
Das war aber alles vor langer Zeit.

Und Tolstoi und Dostojewski bleiben für mich die größten Schriftsteller aller Zeiten. Das laß ich mir weder von meinem Hass auf den Irren im Kreml noch von dem in Kiew kaputt machen.

Doro

Huhu Doro,

ich hatte zwar kein russisch in der Schule und Tolstoi nicht gelesen, finde deine Einstellung aber gut.

fRAUb

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Vollboykott

agno @, Freitag, 09.12.2022, 05:31 (vor 504 Tagen) @ Doro

:wink: angel smile
Es ist schön in diesem Land zu leben. Ohne Sorgen, zumindest beim schreiben und reden.
Zum Glück ist die letzte VollpfostenRevolution nicht am Ziel angelangt.
lG agno

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

Vollboykott

fRAUb, Freitag, 09.12.2022, 10:15 (vor 504 Tagen) @ agno

:wink: angel smile
Es ist schön in diesem Land zu leben. Ohne Sorgen, zumindest beim schreiben und reden.
Zum Glück ist die letzte VollpfostenRevolution nicht am Ziel angelangt.
lG agno

Das macht Angst.

Ich fühle mich da schon sehr unsicher.

Der Mißbrauch von Kunst zum Leid-wesen vieler (aller?)

fRAUb, Donnerstag, 08.12.2022, 14:17 (vor 505 Tagen) @ Boggy

... es ist diese unterschiedslose Diskriminierung.
Diese aberwitzige Verknüpfung der Kunst und der Kunstwerke eines Landes mit einem aktuellen, unterdrückerischen Regime.
Alles, was "russisch" ist, wird auf einmal ausgegrenzt.
Ohne Unterschied, ohne Unterscheidungen - Denken und Verstand werden abgeschaltet.
Das sind die Denkmuster totalitärer Systeme, die sich hier einschleichen.

Naja. Jetzt mach aber mal halblang! Ein totalitäres System setzt gewiss nicht die Grenze "bis zum Ende des Krieges".

Ich glaube, dass du dir in keinster Weise über die Folgen des Verlustes der Energie - Infrastruktur bewusst bist.

Ein Bekannter von mir, Markus Matzick, hat ein Buch über die Folgen eines längerfristigen, bzw langfristigen Blackouts geschrieben. Das reicht bishin zum Kannibalismus.

Der Titel lautet "Ohne Strom".

https://www.amazon.de/Ohne-Strom-sind-deine-Grenzen/dp/3986600337/ref=asc_df_3986600337...

Ohne Strom, kommt by the way, auch kein Wasser mehr aus der Leitung.

Lies das mal! Dann bewerte die selenskyj - Aussage nochmal neu!

Liebe Grüße


Ach ja, und: seit wann kann man denn nicht geichzeitig Mitgefühl mit dem Leid der Menschen haben UND im selben Moment auch die Politik der ukrainischen Führung kritisch angehen, wenn man sie für falsch hält?
Das Eine schließt das Andere ja wohl nicht aus.

Gruß
Boggy

Der Mißbrauch von Kunst zum Leid-wesen vieler (aller?)

Boggy, Donnerstag, 08.12.2022, 14:32 (vor 505 Tagen) @ fRAUb

... es ist diese unterschiedslose Diskriminierung.
Diese aberwitzige Verknüpfung der Kunst und der Kunstwerke eines Landes mit einem aktuellen, unterdrückerischen Regime.
Alles, was "russisch" ist, wird auf einmal ausgegrenzt.
Ohne Unterschied, ohne Unterscheidungen - Denken und Verstand werden abgeschaltet.
Das sind die Denkmuster totalitärer Systeme, die sich hier einschleichen.


Naja. Jetzt mach aber mal halblang! Ein totalitäres System setzt gewiss nicht die Grenze "bis zum Ende des Krieges".

Nun mach Du mal halblang.
Ich habe nirgendwo geschrieben, daß die ukrainische Führung ein totalitäres System ist.
Aber ich sehe die Gefahr, und DAS habe ich geschrieben, daß sich hier Denkmuster totalitärer Systeme einschleichen.

Ich glaube, dass du dir in keinster Weise über die Folgen des Verlustes der Energie - Infrastruktur bewusst bist.

Dessen bin ich mir durchaus bewußt.
Aber das hat mit dem Inhalt meines Beitrags und meiner Kritik nicht das Geringste zu tun.

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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