Leben mit MS, und Goldstein-Gedanken (Allgemeines)

Boggy, Samstag, 17.04.2021, 13:31 (vor 1104 Tagen) @ naseweis

Damit bin ich ungewollt wieder bei einer Immunmodulation, also einer "Beruhigung" unseres Immunsystems gelandet. Also bei dem, was die Autoimmuntheorie der MS behauptet und die Basistherapie erreichen will? Also bei dem, was ich ablehne!


Geht Immunmodulation auch anders?
"Tu was dir gut tut!"
Das empfahl mir meine Hausärztin im Sommer *99 als ich die Diagnose frisch auf dem Tisch hatte.
Das klang grausig,
das klang so final :crying:

War das aber nicht eher eine Modulation des Immunsystems?
Das Leben beruhigen, die Lebensumstände an mich anpassen?

Das erinnert mich nun wieder an ein Zitat von Anne Harrington aus ihrem Geleitwort zur Neuauflage von Goldsteins "Aufbau des Organismus".

"Auf der Grundlage dieser existentiellen Dimension der Hirnverletzungen, vertritt GOLDSTEIN die Auffassung, dass die therapeutischen Aufgaben der Neurologie in einer neuen Weise verstanden werden müssen: selbst dort, wo es offenkundig ist, dass die hirnverletzten Patienten nicht mehr „geheilt“ und auf das Funktionsniveau vor der Verletzung zurückkehren können, bedeutet dies nicht, dass den Patienten zu keinem erneuten Zustand voller „Gesundheit“ verholfen werden kann.

Der Prozess der Gesundung muss (nach Goldstein) demnach auf völlig neue Weise verstanden werden, nämlich als eine Reihe von Schritten, die dem Individuum zu einer Wiederherstellung seines Selbstwertgefühls verhelfen, so dass eine Neuordnung seines Verhältnisses zur Umgebung möglich wird und das Leben sich mit neuem Wert erfüllt.

Das Bemühen des Patienten, eine neue Form des existentiellen Gleichgewichts zu erreichen, lehrt uns heute, dass das menschliche Gehirn einen grundlegenden Trieb aufweist, „sich im Hinblick auf sein inneres Wesen zu aktualisieren“.
(...)

Jedenfalls bleibt das Hauptziel wieder man selbst zu sein und ein kohärentes Leben zu verwirklichen, im Einklang mit den neuen Fähigkeiten und der eigenen Identität. Gesundheit bekommt so den Status eines existenziellen Werts, der über den Zustand einer gut funktionierenden Maschine weit hinausgeht."

Ich habe übrigens noch einen link gefunden, in dem auch Anne Harringtons Geleitwort zu lesen ist (man muß länger runterscrollen).

https://www.researchgate.net/publication/309505806_Preface_to_the_Commented_Second_Edition
(neues Fenster/tab)

Ich habe etwas gezögert, ob ich dieses Harrington-Zitat posten sollte; denn mit dem Begriff des "Wesens" begibt man sich in philosophisch-psychologisch gefährliches Fahrwasser, und wird eventuell - eh man sich versieht - in mythisch-esoterische Sümpfe gezogen.
Goldstens Überlegungen hingegen vollziehen sich auf der Grundlage seiner medizinisch-naturwissenschaftlichen Arbeiten.

Ähnliche Probleme ergeben sich aus seinem Verständnis von "Gesundheit", das im Zitat allerdings schon angedeutet wird.

Ich behelfe mich derweil mit einem Zitat aus Tante Wiki, weil ich mich sonst für substantiellere Zitate aus Goldsteins Werk selbst wieder einarbeiten müßte, was ich - wie gesagt - zur Zeit nicht kann, und was ich bedauere, weil Mißverständnisse des Werks Goldsteins entstehen könnten, ohne daß ich korrigieren kann. :-(

Vielleicht können all diejenigen, die sich nun mehr für Goldstein interessieren, das einfach im Hinterkopf behalten. Alles, was ich hier schreibe oder poste, gilt sozusagen unter Vorbehalt. :-)

"Unter „Wesen“ versteht Goldstein die dem Organismus zugehörigen Eigentümlichkeiten seiner Individualität und die „Aufrechterhaltung der relativen Konstanz des Organismus“".

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

Tags:
Leben mit MS, Ganzheit


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