Betr.: Still Rocking (Straßencafé)
Hallo,
aus gegebenem Anlass fiel mir mein folgender Kaffeekränzcheneintrag bei W.W. wieder ein. Ich stell ihn mal hier 'bei uns' ein. Enthält paar wenig bekannte Details und schöne Links
coffee
Mein erstes Instrument war ja eine E-Orgel namens ‚Farfisa Fast 5’, die meine Muckerkollegen bald und mit einer gewissen Hassliebe in ‚Farcheesa 4.9’ umtauften. Ich verstand bald, dies habe mit den erzielbaren Sounds jenes Instrumentes zu tun:
Eigentlich ging zur relativen Zufriedenheit aller nur etwas wie bei 'Vitamin C' der Elitecombo 'Can' (Dreamsound beginnend bei 2:12...)
Nie und nimmer vergleichbar jedoch mit einer echten Hammond, die Jon Lord bei ‚Deep Purple’ einsetzte... ich war fasziniert, hatte jedoch nicht das nötige Kleingeld... Child in time!
Machte mir bald einen Namen als der Krautrocker, der versuchte, seine Farfisa wie Purples Jon Lord zu traktieren, allerdings war die Plastetastatur für solche Versuche sehr ungeeignet. Mein Herzblut strömte nur so, aus den Fingern nämlich.
Schon leidlich szenenbekannt, musste ich 1969 dennoch als blinder Passagier in Joni Mitchells Kofferraum (!) bis nahe ans Woodstock-Festival heranfahren. Joni blieb bekanntlich im Stau stecken, drehte um und schrieb ihren berühmten Song Woodstock zuhaus vorm Fernseher. (Für Fans: mit viel Wurlitzer E-Piano. Auch sowas Nettes...
)
Während ich entkommen konnte, über Hunderte von Autodächern kletternd bis zur Bühne – meine MS und ich waren beide von der Volljährigkeit noch entfernt, die eine mehr als der andere - und hier aufgrund eines Versehens sofort als Ersatzorganist für Joe Cocker’s grippekranken Chris Stainton in der Grease Band einspringen durfte!
Mein Orgelintro zu With A Little Help From My Friends sollte Generationen von Rockorganisten beeinflussen (Joe’s Bühnenanweisung war lapidar gewesen: schwermütig druckvolles Hammondspiel, eigentlich aber sei nur sein legendärer Schrei bei 4:22 essentiell wichtig). Der sehr eifersüchtige Chris Stainton versuchte nach Genesung von der Grippe zeitlebens, mich nachzuahmen.
Dann kam Creedence Clearwater Revival auf.... und meine Karriere hätte...könnte... würde... (empfehle kritisches Lesen, denn: s.u.) Hey Tonight!!
Die Clearwaters schrumpften und perfektionierten ja gleichzeitig den Gitarrenrock. Stets wurden die B-Seiten ihrer Singles, und danach die A-Seiten zu Hits! Weniger bekannt ist (und für Ungeübte aus den zu bezeichnenden Gründen kaum hörbar!), dass John F. ein glühender Verehrer von süchtigmachenden Hammondklängen war, wegen der Einfalt der Fans jedoch (die in Lou Reeds Aussage gipfelten: 'You can't beat guitar, bass & drums...') mich - und auch dies war bislang unbekannt! - als seinen Hammondspieler veranlasste, nur das Nötigste zu spielen, z.B. bei Have You Ever Seen The Rain über zwei Strophen nur den gleichen, jedoch ständig anschwellenden Hammondton (1:14 – 1:44), um dann im Refrain ('Aaiiiihhh wanna knowhöu...) gleichzeitig den Leslie rotary speaker losfahren und ein bis zwei andere Töne erklingen zu lassen. Ökonomie in Vollendung...
Ja, ich war der Onkel, der bei John & Co zu deren Hoch-Zeit im Hintergrund leise orgelte!
Und damals als Schüler und Student so bettelarm, dass ich mir nie eine eigene Hammond kaufen konnte, zumal mir John nur die Reisen in die USA zu den Studioaufnahmen als Spesen vergütete.
Vergesst insofern auch die Geschichte jener unbekannten SängerIn, die bei Pink Floyd fürs Stöhnen bei The Great Gig In The Sky aus der Portokasse billig abgespeist wurde (das Original gibt’s nicht bei der Tube, aber diese Version trifft’s annähernd...)
- frei erfunden, um von meinem Schicksal als Orgelonkel bei CCR abzulenken...
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Ich erholte mich nie von jenem Schicksal, verfiel den Drogen und dem Suff (Cocker, meint ihr? Alles Lüge: Also, ich hab den immer nur Isogetränke einnehmen sehen...), meine MS wurde volljährig und mehr, ich drückte in Provinzbands vom Rübenacker auf billigen Instrumenten zu viele Tasten auf einmal, weil ich mir nie eine Hammond ... für die wenigen, die wichtigen Töne...
Die Geschichte der Popmusik und des Rock muss umgeschrieben werden! Und der einzige, der's richten kann, müht sich hier, mitten unter Euch.... und würde gern mal von den Popolskis entdeckt...
Hier der schlagende Beweis für John Fogerty’s Leidenschaft für die Orgelei (siehe Betreffzeile), ein seltenes Kleinod der Gitarrenrocker von... CCR! Viel Spaß an Hide Away!
jerry
P.S.: Vor zwei Wochen nahm meine Story ein versöhnliches vorläufiges Ende. D.h. ich hab mir meinen Traum endlich erfüllt: meine Hammond... keine B3, sondern eine, die ich auf den Knien mit dem Rolli transportieren kann.
Traumhafter Sound im Kopfhörer und Übraum... der Winter kann kommen... 