Wenn die Lüge zur Weltordnung wird, wird alles schöner. Dichterworte verzaubern die Welt:

Denkt euch, ich habe das Christking gesehen,
es kam aus dem Wald, das Mützchen voll Schnee
mit rotgeforenem Näschen.

Oder:

Von drauß, vom Walde komme ich her,
und überall auf den Tannenspitzen,
sah ich goldene Lichtlein blitzen.

Es gibt Menschen, die wollen diese Lüge nicht und rauben den Kindern Märchen und Gedichte und religiöse Vorstellungen. So lernen sie rasch, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist. Und es gibt kein Pardon, wenn jemand sterben muss, dann spricht niemand vom Jenseits oder Paradies wie von einem großen Garten. Und wenn jemand schwer erkrankt ist, dann wird ihm niemand die Diagnose vorenthalten, um ihn zu schonen.

Es ist, wie es ist, und wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken. Aber verweichlicht, wie wir sind, lassen wir uns von den frommen und schönen Geschichten verführen, von edlen Reichen und von bösen Reichen, die in der Silvesternacht zum Guten bekehrt werden, weil sie sich selber nicht mehr leiden konnten. Sie werden wie der kleine Kai aus einem Eispalast befreit.

Ich meine, es ist so einfach, die Lüge als das zu bezeichnen, was sie ist, die Unwahrheit, aber in Wirklichkeit vergoldet sie uns das Leben.

Und an diesen Klang von Jugend an gewöhnt,
zieht er auch jetzt das Glas von meinem Munde...

Unsere Einstellung zur Lüge ist gespalten.

W.W.