Es freut mich sehr, dass Sie das genau so sehen wie ich! Es hat mich wirklich überrascht, und ich habe auf meinem Spaziergang einen Brief an ihn geplant:
Lieber Herr Aboulenein,
Ich habe noch nie etwas Pharmakritisches gelesen, was auf mich so still und sympathisch wirkte, wie Sie es geschrieben haben. Die Griechen würden es wohl Sophrosyne nennen.
Das Erstaunliche ist, dass Sie auf alle lauten Töne verzichten. Man fragt sich geradezu, warum? Als Antwort drängt sich auf: Weil sie die Erfolge der Pharmaindustrie zu schätzen wissen! Dass Sie nur die Auswüchse bekämpfen wollen! Das leuchtet ein, wenn es auch nicht sonderlich spektakulär ist. Dennoch, ich staune über Ihre Bescheidenheit und finde sie sogar gut.
Das ist der eine Grund, warum ich schreibe, der andere ist: Trotz Ihrer Kritik halten Sie die Pharmakotherapie der MS für gut, und sie hat Ihrer Meinung nach sogar in den letzten Jahrzehnten Fortschritte gemacht. Ich bin da nicht so sicher, darum schreibe ich Ihnen.
Vielleicht liegt es daran, dass Sie eine andere Generation sind. Ich bin Jahrgang 1949 und meiner Ansicht nach sind die Fortschritte in der MS-Therapie eine statistische Fehlinterpretatuion, ein Fehler, wobei ich nicht einmal behaupten möchte, dass es sich um einen Trick handelt.
Er beruht darauf, dass man früher nur die schlimmsten MS-Fälle erkannt hat und diese für die Therapieerfolge Repräsentant gefunden hat, während heutzutage durch das MRT immer leichtere MS-Fälle diagnostiziert werden, die günstiger verlaufen, was dann fälschlicherweise den neuen Medikamenten (z.B. Betainterferone) zugeschreiben wird.
Das ist in nuce, was ich denke, aber als alter Popperianer würde ich gern wissen wollen, welches Gegenargument Sie haben.
Unabhängig davon stimme ich Ihnen ausdrücklich zu, wenn Sie sagen: Auch wenn es natürlich Unterschiede zwischen arm und reich gibt, ist es für einen Staat erstrebenswert, dass alle Menschen die Medizin bekommen, die ihnen zusteht.
Mit freundlichem Gruß...
So in etwa würde ich schreiben wollen.
W.W.
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