Die Therapie der MS (Allgemeines)

W.W. @, Donnerstag, 09.06.2016, 13:40 (vor 2879 Tagen)

Bevor ich die orale MS-Therapie bespreche, ein paar allgemeine Bemerkungen zur MS-Therapie.

Die Therapie der MS
Es scheint sich dauernd etwas zu ändern in der MS-Therapie, aber der Eindruck täuscht. Ich bin jetzt mehr als 30 Jahre dabei, aber es wird immer noch mit Wasser gekocht, und es hat sich nichts Wesentliches getan. Nein, auch durch die Betainterferone nicht! Aber verläuft die MS nicht günstiger als vor 30 Jahren? Ich glaube, das ist sehr schwer nachzuweisen, und ich glaube es auch nicht. Warum ist es so schwer das nachzuweisen? Weil durch den Kernspin im Vergleich zu früher immer mehr Mini-MS-Erkrankungen diagnostiziert werden, die früher unerkannt blieben (Ab und zu mal ein ‚Schübchen’, der übersehen wurde, und sonst nichts!) , und weil die Verlaufsstudien oft von Pharafirmen finanziert werden, die auf Studien, die den Erfolg der BT nachzuweisen scheinen, fliegen, und andere, die skeptischer sind, im Papierkorb verschwinden lassen.

Ganz früher haben wir eine 3-Stufen-Therapie der MS zwischen den Schüben gekannt. Die 1. Stufe war eine gesunde Lebensweise (kein Nikotin, Normalgewicht, gesunde Ernährung), die 2. orale Immunsuppressiva (damals Imurek®) und die 3. (wenn alles nicht half) Mitoxantron oder im äußersten Notfall Endoxan®.

Ich gestehe, dass damals schon die Imurek®-Therapie als fragwürdig galt, aber es war ja nur eine Tablette täglich, und manchmal brauchen die Patienten ja auch etwas, an dem sie sich festhalten können. Und das Imurek bot auch etwas, was Ärzte lieben: Sie konnten alle 3 Monate Blu abnehmen und die Lymphozytenzahl bestimmen! Damit wurde viel Eindruck geschunden! Die 3. Stufe war immer umstritten, weil sowieso alles verloren zu sein schien, und die, die profitierten, machten zusammen mit ihren Ärzten viel Wind um ihren Besserung oder Stillstand, und die außer schweren Nebenwirkungen keinen Effekt sahen, schwiegen.

Nach meinem Geschmack ist die 1. Stufe immer furchtbar zu kurz gekommen. Das hat 3 Gründe: Erstens konnten sich Ärzte damit nicht brüsten (es war nur zeitaufwendig, den Betroffenen ins Gewissen zu reden, und sie verdienten nichts daran), zweitens hielt man die Maßnahmen für so selbstverständlich, dass man meinte, es lohne sich nicht, darüber ein Wort u verlieren. Wer sein Leben umstellen wollte, der tat es sowieso - und zwar von sich aus -, und wer das nicht wollte, bei dem waren sowieso Hopfen und Malz verloren. Der 3. Grund war und ist: Man hält eine Umstellung der Lebensweise zwar für wünschenswert, aber ineffektiv.

Nach den 3 Stufen kamen die Betainterferone und die Einteilung der MS-Therapie zwischen den Schüben in Basistherapie und Eskalationstherapie. Aber empfindsame Gemüter haben etwas gegen das Wort ‚Eskalation’, so wie sie auch ‚Immunsuppression’ als zu aggressiv empfinden und lieber von ‚Immunmosdulation’ sprachen. Man ersetzt als ein Wort durch das andere, ohne dass sich etwas grundlegend ändert. Jetzt spricht man von verlaufsmodifizierender Therapie und unterteilt sie in zwei Gruppen: a) leichte/moderate Verläufe und b) (hoch-)aktive Verläufe.
Ein Wort dazu. Man hat mit immer vorgeworfen, wenn ich das Wort ‚gutartige MS’ verwendet habe. Das würden nur Scharlatane und Hellseher sagen. Ich will ja auch nicht behaupten, dass ich mich vielleicht ab und zu geirrt habe (ich kenne übrigens keinen einzigen Fall), das wäre statistisch zu erwarten, aber ich bleibe dabei: Nach ein paar Jahren kann ein erfahrener Arzt den MS-Verlauf zuverlässig vorhersagen!

Abstand der Schübe? Zunahme der Behinderung? Die Veränderungen im Kernspin? Ansprechen auf die Basistherapie?... Aber im Grunde genommen läuft es auf dasselbe hinaus. Nur - und das ist eine Temperamentsfrage - unterteile ich Dinge lieber in 3 als in 2 Gruppen: Die erste Gruppe ist eine 'gutartige MS', die mich nicht
erschrickt, die 3. Gruppe ist beunruhigend, und die 2. Gruppe mittenmang dazwischen.
...

W.W.


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