EBV, MS, und der übliche Experte (Allgemeines)

Boggy, (vor 19 Tagen)

Der übliche MS-Experte tut sich, aus meiner Sicht, schwer mit der komplexen Lage um das Epstein-Barr-Virus (EBV) und macht es sich lieber etwas einfacher. So z. B. Prof. Dr. Klemens Ruprecht, Charité, in der letzten Ausgabe der dmsg-Zeitschrift "aktiv!" (1/2025, S.32/33 ).

Er schreibt einen zusammenfassenden Artikel zum Thema, und da heißt es zunächst:
"... liegen nun aber zahlreiche, übereinstimmende und überzeugende Arbeiten vor, die für eine Schlüsselrolle des Epstein-Barr-Virus (EBV) in der Entstehung der MS sprechen."
"Schlüsselrolle" ist noch eine etwas vorsichtige Formulierung, die ich in dieser Weise - mit Vorbehalt (further studies ;-) ) - hinnehmen kann;
"zahlreiche, übereinstimmende und überzeugende Arbeiten" finde ich dann doch schon etwas fragwürdiger = da kann man durchaus mal kritisch nachfragen.

Aus "Schlüsselrolle" wird dann etwas später: "zentrale Rolle", und dafür "sprechen" aus Sicht des Autors "die folgenden Befunde", die er nun nennt.

Da fällt zunächst eine eigenartige Logik auf:
Zitat: "Sehr viele Studien zeigen, dass im Gegensatz zu der 90 bis 95-prozentigen Infektionsrate mit EBV in der Allgemeinbevölkerung praktisch alle Menschen mit MS (MmMS) mit EBV infiziert sind."

Ja nun ... "90 bis 95-prozentige Infektionsrate mit EBV in der Allgemeinbevölkerung" ist doch kein Unterschied zu "praktisch alle Menschen mit MS". Wenn 90 bis 95% der Menschen "in der Allgemeinbevölkerung" mit EBV infiziert sind, ist doch anzunehmen, daß auch "praktisch alle Menschen mit MS" mit EBV infiziert sind, oder? Inwieweit ist das ein besonderer Befund?

Es folgt die Aussage:
"Das Risiko für eine spätere Entwicklung einer MS ist nach einer infektiösen Mononukleose ungefähr doppelt so hoch wie nach einer klinisch symptomlosen EBV-Erstinfektion." Mal abgesehen davon, daß er hier die Studie nicht nennt, bleibt die Frage, was das denn nun beweisen soll, oder zumindest stützen soll. Auch bei einer "klinisch symptomlosen EBV-Erstinfektion" ist EBV nun im Körper. Ist das EBV bei einer einfachen Infektion in bezug auf MS anders zu beurteilen als bei der Mononukleose - fragt sich ein Laie. Und wenn ja, warum?

Weiter:
"MmMS haben höhere Antikörperspiegel gegen EBV und wahrscheinlich auch mehr gegen EBV gerichtete Abwehrzellen (T-Lymphozyten) im Blut." Ich will ja textanalytisch nicht zu penibel sein, aber das "wahrscheinlich" fällt mir hier doch auf (weiß mans nicht genau?). Es fehlt wieder die Studie/Quelle. Schlußfolgerung?

Nun folgt wieder einmal der Hinweis auf die Science-Studie von 2022 (Bjornevik et. al.).
(=> https://www.science.org/ )
Eine kritische Relativierung der Studienergebnisse findet auch hier, wie so oft, nicht statt. Wobei schon allein die kritischen Stimmen zur Studie, die man in den "eLetters" am Ende des Artikels findet, zahlreiche Hinweise auf die Beschränktheit der Studie liefern.
(s. dazu z.B. => https://www.ms-ufos.org/index.php?id=80716 )

Prof. Ruprecht schreibt zunächst, daß es einen "sehr starken Hinweis" auf eine "wesentliche Rolle" von EBV be der MS gebe. Die Untersuchung (Science-Studie s.o.) zeige, "Eine EBV-Infektion geht dem klinischen Ausbruch einer MS praktisch immer voraus." Also, "praktisch immer" ist nicht "immer", oder?
Nur ein paar Sätze weiter ändert sich die Aussage von der feinen Einschränkung hin zu => "Auch wenn es demgemäß ohne EBV-Infektion keine MS gibt (...)". Das ist nun eine absolute Aussage, ohne Einschränkungen; und die steht z.B. im Widerspruch mit einem Kommentar in den "eLetters" zur Science-Studie, wo es heißt:
"Auch EBV-negative Kinder können klinische MS entwickeln (12, 13), was darauf hindeutet, dass eine EBV-Exposition weder notwendig noch ausreichend ist, um die Krankheit auszulösen." (eLetter vom 'Jan. 25, 2022')
(s. dazu => https://www.ms-ufos.org/index.php?id=80717 )

Das Fazit des Autors sieht dann so aus:
"Zusammenfassend sprechen die gegenwärtigen Daten dafür, dass eine EBV-Infektion der entscheidende ursächliche Faktor für die MS ist."
"DER entscheidende ursächliche Faktor für die MS" ist aus meiner Sicht nicht belegt.
Die sprachlichen, feinen Relativierungen und Einschränkungen der Aussagen, die sich quasi unter der Hand in diesen und ähnliche Artikel oft einschleichen, stehen ebenfalls oft im Widerspruch zu den vollmundigen Behauptungen, die gleichzeitig gemacht werden.

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

Tags:
EBV, Epstein-Barr-Virus

EBV, MS, und der übliche Experte

MO, Zürich, (vor 18 Tagen) @ Boggy

Vielen Dank Boggy, du sprichst mir aus dem Herzen.

Du bringst die Dinge immer so klar und verständlich auf den Punkt.

Etwas das mir bei dieser Diskussion immer merkwürdig vorkommt: niemand findet es komisch, dass gerade jetzt die MS so zunimmt, wenn doch der angeblich ursächliche Faktor von MS schon seit Millionen von Jahren mit uns Tieren zusammenlebt...

--
Ich liebe den Herbst, dank seinen kühleren Temperaturen erwacht mein Geist.

EBV, MS, und der übliche Experte

Boggy, (vor 18 Tagen) @ MO

Vielen Dank Boggy, du sprichst mir aus dem Herzen.
Du bringst die Dinge immer so klar und verständlich auf den Punkt.
Etwas das mir bei dieser Diskussion immer merkwürdig vorkommt: niemand findet es komisch, dass gerade jetzt die MS so zunimmt, wenn doch der angeblich ursächliche Faktor von MS schon seit Millionen von Jahren mit uns Tieren zusammenlebt...

Erstmal Danke für Deine lieben, zustimmenden Zeilen. :-)

Ja, das ist ein guter Punkt.
EBV ist schon seit Urzeiten bei uns und mit uns.
Wobei ich ergänzen muß: wir wissen nicht, wie lange es MS schon gibt. Es kann gut sein, daß auch MS die Menschen schon lange begleitet. Es gibt keine ausreichende Quellenlage zu der Frage. Wir können das nicht herausfinden.
Ich hatte früher zu dem Thema mit WW schon ein paar Mal eine Diskussion. Seine Frage "Ist die MS eine 'Zivilisationskrankheit'?". - Läßt sich kaum klären, da die Quellen fehlen. Unter Umständen gibts eine Mittelalterquelle (Lidwina von Schiedam).

Bei der Zunahme des MS hatten wir hier schon mal die Überlegung, ob das nicht auch (u.a.) an der besseren Diagnostik liegen kann (z.B. MRT etc.).

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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EBV, MS, Experten und trotzdem unsicher

agno, (vor 18 Tagen) @ MO

Vielen Dank Boggy, du sprichst mir aus dem Herzen.

Du bringst die Dinge immer so klar und verständlich auf den Punkt.

Etwas das mir bei dieser Diskussion immer merkwürdig vorkommt: niemand findet es komisch, dass gerade jetzt die MS so zunimmt, wenn doch der angeblich ursächliche Faktor von MS schon seit Millionen von Jahren mit uns Tieren zusammenlebt...

Hi MO
Auch ich liebe die detailierten und argumentierten Postings von Boggy
aber ich teile seine MS-Weltanschauung nicht & tendiere aktuell zum medizinischen Mainstream bzw zur EBV-Theorie. Imho ist auf beiden Seiten dünnes Eis.

Zum vermehrten auftreten von MS hätte ich viele "Möglichkeiten"
a. Microplastik
b. hochverarbeitete Ernährung & Probleme beim Darmbiom
c. chronischer Schlafmangel und "Stress" bzw moderne ungesunde Lebensführung.
d. MS-Diagnosehype
d1. Übertherapie von eventuell leichten Verläufen

agno

--
Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

EBV, MS, und der übliche Experte

Boggy, (vor 18 Tagen) @ agno

nur mal kurz reingegrätscht ...

Zum vermehrten auftreten von MS hätte ich viele "Möglichkeiten"

- stimmt das denn überhaupt? Dieses angeblich (?) vermehrte Auftreten?

a. Microplastik

- ?

b. hochverarbeitete Ernährung & Probleme beim Darmbiom

- hatten die Menschen in der Antike oder im Mittelalter ein besseres Darmbiom? Eine bessere (weil nicht hochverarbeitet) Ernährung? - Wohl eher nicht.

c. chronischer Schlafmangel und "Stress" bzw moderne ungesunde Lebensführung.

- hatten die Menschen in der Antike oder im Mittelalter keinen chronischen Schlafmangel und "Stress" bzw antike, bzw. mittelalterliche ungesunde Lebensführung? Kommt drauf an, und u.U. genauso.

;-)

Gruß
Boggy

--
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EBV, MS, Experten und trotzdem unsicher (Wo endet Glaubwürdig?)

agno, (vor 18 Tagen) @ Boggy

nur mal kurz reingegrätscht ...

Zum vermehrten auftreten von MS hätte ich viele "Möglichkeiten"


- stimmt das denn überhaupt? Dieses angeblich (?) vermehrte Auftreten?

Wie oben angemerkt, tendiere ich dazu die "offiziellen Äußerungen" als glaubwürdig anzunehmen. Bei begründetem Zweifel, freue ich mich über frischen Wind.
Alltagsbequeme Vereinfachungen passen da gut dazu & sind nicht als Lüge definiert. Aber die laden zum "bohren" ein. "Wahrheit" ist imho ein eigenes Studium und sprengt meine Möglichkeiten.
Bitte spezifiziere deine Nachfrage.

agno

--
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EBV, MS, Experten

Boggy, (vor 18 Tagen) @ agno

Zum vermehrten auftreten von MS hätte ich viele "Möglichkeiten"

- stimmt das denn überhaupt? Dieses angeblich (?) vermehrte Auftreten?

Alltagsbequeme Vereinfachungen passen da gut dazu & sind nicht als Lüge definiert.

Von Lüge war nicht die Rede. Bitte nicht vom Thema ablenken und in =>

"Wahrheit" ist imho ein eigenes Studium und sprengt meine Möglichkeiten.

... erkenntnistheoretische, philosophische Urgründe und eventuelle Abgründe verschieben ...

Bitte spezifiziere deine Nachfrage.

Welche Quellen?
Grundfrage, um das Thema für mich abzuschließen: Haben wir es mit mehr MS zu tun, oder mit mehr DIAGNOSEN von MS?

Gruß
Boggy

--
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Sprachstyle

agno, (vor 18 Tagen) @ Boggy

Grundfrage,...: Haben wir es mit mehr MS zu tun, oder mit mehr DIAGNOSEN von MS?

Gruß
Boggy

:confused: Eine Pseudofrage?
agno

--
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Sprachstyle

Boggy, (vor 18 Tagen) @ agno

Grundfrage,...: Haben wir es mit mehr MS zu tun, oder mit mehr DIAGNOSEN von MS?

:confused: Eine Pseudofrage?

Reale Frage. Echter Unterschied.

Boggy

--
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EBV, MS, Experten

MO, Zürich, (vor 18 Tagen) @ Boggy

Mit mehr Diagnosen!

Warum:

Die Lebenserwartung in der Schweiz verdoppelte sich zwischen 1876 und 2023 von ca. 40 Jahren auf über 85 Jahre.
MS tritt häufig dann auf, wenn der Betroffene etwas bemerkt ("der sarkastische Beigeschmack ist gewollt"), das ist typischerweise um die 30. Wenn er da bloss noch 10 Jahre zu leben hat, dann sind seine Missempfindungen wohl das kleinste Problem.
Und falls das nicht genug ist, dann ist da noch diese Tatsache: Blasen- und Darmstörungen sind häufige Begleitsymptome der Multiplen Sklerose. 60–80% aller Betroffenen leiden im Verlauf ihrer Krankheit darunter. Bei mir gesellten sich Harnwegsinfekte dazu, die antibiotisch behandelt werden mussten. Aber Penicillin wurde am 12. Februar 1941 erstmals einem Todkranken verabreicht. Bis Mitte letztem Jahrhundert starb man problemlos an einer Infektion. Das bedeutet, wenn früher jemand MS hatte aber niemand das wusste, dann starb er als Fussgänger z.B. an einem Harnwegsinfekt, weil die Antibiotika noch nicht erfunden waren.

Würde mein Zwanzigjähriges Ich 1930 leben --> tot mit 20
Würde mein Zwanzigjähriges Ich heute leben --> Diagnose MS mit 20

--
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Wo liegt mein Gedankenfehler?

MO, Zürich, (vor 18 Tagen) @ Boggy

Wenn die EBV Durchseuchungsrate von uns 90-95% ist, aber bloss 0,1% der Menschen eine MS kriegen, dann ist doch die Frage:

Warum bleiben 89.9-94,9% der Menschen ohne MS?

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"Gedankenfehler"?

agno, (vor 17 Tagen) @ MO

Wenn die EBV Durchseuchungsrate von uns 90-95% ist, aber bloss 0,1% der Menschen eine MS kriegen, dann ist doch die Frage:

Warum bleiben 89.9-94,9% der Menschen ohne MS?

zuerst mal ist das eine Theorie.
aber die offizielle Theorie
& die passt nur mit dem entsprechenden "Krankheitsbild" bzw einer passenden Theorie die gesund & krank anders definiert als der betroffene Patient, dessen Körper versagt.
"Wahrscheinlichkeiten"
Der Einzelfall, im Bezug auf Wahrscheinlichkeiten, wird schwierig. Vor allem wenn man selbst betroffen ist.
lG agno
[image]

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kein Gedankenfehler

naseweis ⌂, in meinem Paradies, (vor 17 Tagen) @ agno

Wenn die EBV Durchseuchungsrate von uns 90-95% ist, aber bloss 0,1% der Menschen eine MS kriegen, dann ist doch die Frage:

Warum bleiben 89.9-94,9% der Menschen ohne MS?


zuerst mal ist das eine Theorie.

Tatsächlich bekommen nur 0.038% eine MS.

Quellen:
https://www.atlasofms.org/map/global/epidemiology/number-of-people-with-ms
https://populationtoday.com/de/
https://www.mehrwertsteuerrechner.de/prozentrechner

--
das Geheimnis der Medizin besteht darin,
den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

kein Gedankenfehler

MO, Zürich, (vor 17 Tagen) @ naseweis

Interessant, dass ihr so wenig habt.

Das MS Register Schweiz schätzt 18'000 MS Kranke (ohne u18 und ohne CIS) für 2021, Link
Bewohner hatten wir 8'738'791 in 2021 Link


18'000 / 8'738'791 = 0.0021 respektive 0.2 %

--
Ich liebe den Herbst, dank seinen kühleren Temperaturen erwacht mein Geist.

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kein Gedankenfehler

naseweis ⌂, in meinem Paradies, (vor 17 Tagen) @ MO

Interessant, dass ihr so wenig habt.

Das MS Register Schweiz schätzt 18'000 MS Kranke (ohne u18 und ohne CIS) für 2021, Link
Bewohner hatten wir 8'738'791 in 2021 Link


18'000 / 8'738'791 = 0.0021 respektive 0.2 %

Ok, ich hab die weltweiten Daten aus dem MS-Register mit der weltweiten Bevölkerung in Bezug gesetzt.

In Deutschland ist die Quote bei 0.335%

280.000 (lt. DMSG) bei 83,6 Millionen Einwohner zum Jahresende 2024 (destatis https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/01/PD25_030_124.html )

--
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den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

Wo liegt mein Gedankenfehler?

Michael27, (vor 17 Tagen) @ MO

Die Antwort darauf ist ganz einfach: weil eine EBV-Infektion allein nicht reicht. Es müssen zumindest bestimmte genetische Voraussetzungen auch noch gegeben sein - und die sind offensichtlich relativ selten in der Gesamtbevölkerung (wahrscheinlich im einstelligen Promille-Bereich).

Leider ist es auch da wohl ziemlich komplex. Eine spezielle Genvariante reicht offensichtlich nicht. Man weiß bisher, dass etwa 250 Gene (wenn ich die Größenordnung aus dem Kopf richtig in Erinnerung habe) eine Rolle bzgl. MS-Erkrankungen spielen könnten. Aber die Tatsache, dass Kinder (von MS-Erkrankten), Geschwister und vor allem Zwillings-Geschwister eine deutlich erhöhte Erkrankungs-Wahrscheinlichkeit haben, beweist, dass eine spezielle genetische Ausprägung (oder präziser: ein Spektrum von Ausprägungs-Kombinationen verschiedener Gene) zwingend erforderlich ist, um an MS erkranken zu können ("notwendige Voraussetzung").

Außerdem bin ich persönlich der Meinung, dass andere Virus-Infektionen - unter den angesprochenen genetischen Voraussetzungen - auch MS auslösen können. In meinem Fall halte ich Varizella Zoster (Windpocken, Gürtelrose) für einen nicht unwahrscheinlichen Kandidaten.

Michael

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Datenbankfehler!

naseweis ⌂, in meinem Paradies, (vor 17 Tagen) @ Michael27

Hallo Michael,
du spannst einen weiten Bogen.

Außerdem bin ich persönlich der Meinung, dass andere Virus-Infektionen - unter den angesprochenen genetischen Voraussetzungen - auch MS auslösen können. In meinem Fall halte ich Varizella Zoster (Windpocken, Gürtelrose) für einen nicht unwahrscheinlichen Kandidaten.

Ich hab grad mal nach den Windpocken geschaut:
In Folge der COVID-19-Pandemie in Deutschland und der damit einhergehenden Hygienemaßnahmen lag die Zahl der in den Kalenderwochen 10 bis 32 registrierten Fälle im Jahr 2020 im Mittel rund 51 Prozent unter den Werten der Vorjahre.[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Windpocken#H%C3%A4ufigkeit

Deiner Theorie folgend müsste eigentlich dann in den nächsten Jahren ein Einbruch in den Kurve der Neudiagnostizierten mit MS kommen.

Die Antwort darauf ist ganz einfach: weil eine EBV-Infektion allein nicht reicht. Es müssen zumindest bestimmte genetische Voraussetzungen auch noch gegeben sein - und die sind offensichtlich relativ selten in der Gesamtbevölkerung (wahrscheinlich im einstelligen Promille-Bereich).

Aus den Nachrichten:
Gen-Daten von über 15 Millionen Menschen stehen zum Verkauf

23andMe meldet Insolvenz an. Das kalifornische Unternehmen bietet kommerzielle Gen-Analysen an und ist im Besitz der Erbdaten von Millionen von Menschen. Der kalifornische Justizminister befürchtet durch den Verkauf negative Folgen für Nutzer:innen und erinnert an das Recht auf Löschung der Daten.
https://netzpolitik.org/2025/23andme-gen-daten-von-ueber-15-millionen-menschen-stehen-z...

War da nicht eine fixe Idee, aus solchen Datenbanken mit der hochgelobten KI die richtigen Erkenntnisse zu destillieren?

Grüße aus der Sonne, die uns leider nur 8° auf die Terasse bringt

--
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den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

Datenbankfehler!

Michael27, (vor 17 Tagen) @ naseweis

Hallo Naseweis,

du sprichst 2 Themen an. Da kriegst du von mir dementsprechend auch 2 Antworten. ;-)

Ich hab grad mal nach den Windpocken geschaut:
In Folge der COVID-19-Pandemie in Deutschland und der damit einhergehenden Hygienemaßnahmen lag die Zahl der in den Kalenderwochen 10 bis 32 registrierten Fälle im Jahr 2020 im Mittel rund 51 Prozent unter den Werten der Vorjahre.[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Windpocken#H%C3%A4ufigkeit

Deiner Theorie folgend müsste eigentlich dann in den nächsten Jahren ein Einbruch in den Kurve der Neudiagnostizierten mit MS kommen.

Ich habe nie von irgendeinem Automatismus gesprochen nach dem Motto "je mehr Windpocken-Erkrankungen, desto mehr MS - oder umgekehrt". Ich glaube nur - und da befinde ich mich nach allem, was ich weiß, in guter Gesellschaft - dass das EBV nicht das einzige Virus ist, welches mit dem Ausbruch von MS-Erkrankungen in Verbindung stehen könnte. Und außerdem nehme ich ja auf meine ganz persönliche Situation Bezug: ich hatte als Kind sehr heftig Windpocken, Anfang 20 eine Gürtelrose und jetzt immer noch sehr hohe IgG-Werte. D.h., die VZ-Viren, die ja mein Leben lang bei mir wohnen, tun dies in sehr großer Zahl. Ich könnte mir bei meiner Biografie daher sehr gut vorstellen, dass Varizella Zoster etwas mit meiner MS zu tun hat. Aber klar: das ist eher ein Bauchgefühl und erst mal nur Spekulation.

23andMe meldet Insolvenz an. Das kalifornische Unternehmen bietet kommerzielle Gen-Analysen an und ist im Besitz der Erbdaten von Millionen von Menschen. Der kalifornische Justizminister befürchtet durch den Verkauf negative Folgen für Nutzer:innen und erinnert an das Recht auf Löschung der Daten.[/i]
https://netzpolitik.org/2025/23andme-gen-daten-von-ueber-15-millionen-menschen-stehen-z...

War da nicht eine fixe Idee, aus solchen Datenbanken mit der hochgelobten KI die richtigen Erkenntnisse zu destillieren?

Grundsätzlich ist es erst einmal eine faszinierende Idee, durch entsprechend viele (anonymisierte) Gendaten durch KI Erkenntnisse zu gewinnen. Und das wird auch immer stärker kommen - und man hat, nach allem, was ich weiß, schon erhebliche Erkenntnisse gewonnen. In Großbritannien gibt es seit 2022 das 100.000-Baby-Projekt: vollständige Genom-Sequenzierung von 100.000 Babies (Genom-Projekt GB). Die Teilnahme ist natürlich freiwillig.

Und natürlich stellt sich die Frage nach dem Datenschutz. Ganz konkret vor allem danach, ob die Genom-Daten und die personenbezogenen Daten (Name, Geburtsdatum, usw.) strikt getrennt sind. Da wäre ich auch sehr vorsichtig. Bei privaten Anbietern wäre ich da schon immer sehr skeptisch gewesen, bei staatlichen (Beispiel GB) inzwischen auch. An der Entwicklung in den USA sieht man, wie schnell da geglaubte Sicherheiten und Gewissheiten zerbröseln. Da gruselt es mich.

Michael

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Vae Victis

naseweis ⌂, in meinem Paradies, (vor 16 Tagen) @ Michael27

Hallo Naseweis,

du sprichst 2 Themen an. Da kriegst du von mir dementsprechend auch 2 Antworten. ;-)

Das freut mich sehr :-)

Ich hab grad mal nach den Windpocken geschaut:
In Folge der COVID-19-Pandemie in Deutschland und der damit einhergehenden Hygienemaßnahmen lag die Zahl der in den Kalenderwochen 10 bis 32 registrierten Fälle im Jahr 2020 im Mittel rund 51 Prozent unter den Werten der Vorjahre.[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Windpocken#H%C3%A4ufigkeit

Deiner Theorie folgend müsste eigentlich dann in den nächsten Jahren ein Einbruch in den Kurve der Neudiagnostizierten mit MS kommen.


Ich habe nie von irgendeinem Automatismus gesprochen nach dem Motto "je mehr Windpocken-Erkrankungen, desto mehr MS - oder umgekehrt".

Das hab ich schon verstanden. Wir werden das aber im Blick behalten. Am Ende sind die Chickenpox relevanter als erwartet.

Ich glaube nur - und da befinde ich mich nach allem, was ich weiß, in guter Gesellschaft - dass das EBV nicht das einzige Virus ist, welches mit dem Ausbruch von MS-Erkrankungen in Verbindung stehen könnte. Und außerdem nehme ich ja auf meine ganz persönliche Situation Bezug: ich hatte als Kind sehr heftig Windpocken, Anfang 20 eine Gürtelrose und jetzt immer noch sehr hohe IgG-Werte. D.h., die VZ-Viren, die ja mein Leben lang bei mir wohnen, tun dies in sehr großer Zahl. Ich könnte mir bei meiner Biografie daher sehr gut vorstellen, dass Varizella Zoster etwas mit meiner MS zu tun hat. Aber klar: das ist eher ein Bauchgefühl und erst mal nur Spekulation.

Grundsätzlich ist es erst einmal eine faszinierende Idee, durch entsprechend viele (anonymisierte) Gendaten durch KI Erkenntnisse zu gewinnen.

Was die KI dann so alles rausfindet, lässt zweifeln:
Bei den Amseln (danke für den Hinweis;-)) behauptet anscheinend eine KI, dass Ocrevus die Remyelenisierung hindert. Aber weder der Benutzer noch die KI geben Antwort auf die Frage nach einer Quelle.
Am Ende ist das eine Einflüsterung der Konkurrenz um den eigenen B-Zell-Depletierer zu puschen?
ANMERKUNG: Die Diskussion entstand schon vor dem 01.April!!


-> Und natürlich stellt sich die Frage nach dem Datenschutz. An der Entwicklung in den USA sieht man, wie schnell da geglaubte Sicherheiten und Gewissheiten zerbröseln. Da gruselt es mich.

Ja, da dreht's mir auch die Fußnägel auf.
Gendaten auf dem freien Markt an Höchstbietenden.
Wenn jetzt ein Immobilienportal die Daten erwirbt und die Lebensprognose verwendet um zeitnahe Angebote zu machen ???

Der Anbieter meiner Betriebsrente schickt auch seit Wochen (seit er zahlt) Angebote für eine Sterbeversicherung. Das allerdings nur auf Basis der grundlegenden Personenstammdaten.
Wenn die meinen ganzen Datenstamm hätten, mit Alkoholverbrauch und Cannabismedizin und dem regelmäßigen Rumtreiben in MS-Foren, dann würden die vielleicht andersum rechnen und wg. zu großem Risiken ihr Angebot zurückziehen.

Sie weisen aber darauf hin, dass das auch für mich ein Minusgeschäft sein könnte:

[image]

"bei dieser Versicherung ist es möglich, dass die Summe der Beiträge die versicherte Leistung der Versicherung übersteigt"

Vae Victis


Grüße von Hier nach Überall

--
das Geheimnis der Medizin besteht darin,
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Sisyphos hatte es auch nicht leicht

Wo liegt mein Gedankenfehler?

tournesol, (vor 17 Tagen) @ Michael27

Ich denke auch, dass noch andere Infektionskrankheiten bei MS eine Rolle spielen können.

Bei einer dänischen Studie kam raus, dass das Risiko, an MS zu erkranken, bei Rekruten, die eine Polioerkrankung durchgemacht hatten ungefähr verdoppelt war.
Kinderlähmung hatte ich, außerdem auch Windpocken und Mumps. Zusammen mit einer genetischen Prädisposition war es für mich wahrscheinlich fast unausweichlich, MS zu bekommen.

EBV, MS, und der übliche Experte

Oliver L., (vor 18 Tagen) @ Boggy

Zufälligerweise hatte ich mit 5 Jahren eine schwere Monozytenangina. Und zufälligerweise eine Kindheit mit wenig Sonnenlicht (D3). Sicherlich war erschwerend, daß meine Mandeln entfernt wurden.
Heute habe ich ein e schere MS.
Ich persoenlich glaube, dass MS mit EBV und D3 uusammenhaengt.

Auswirkungen von EBV auf MS

IceUrmel, (vor 17 Tagen) @ Boggy

Hier geht's zum Interview mit Christian Münz - Professor für Virale Immunbiologie am Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich.

https://ms-perspektive.de/271-christian-munz/

Es wird darüber gesprochen, "wie sicher die Theorie ist, welche Wirkmechanismen vermutet werden und welche zukünftigen Behandlungsstrategien sich daraus ergeben könnten. Schließlich ist EBV extrem weit verbreitet und nur ein kleiner Teil der Bevölkerung leidet an MS."

LG, IU

Auswirkungen von EBV auf MS

Boggy, (vor 17 Tagen) @ IceUrmel

Hier geht's zum Interview mit Christian Münz - Professor für Virale Immunbiologie am Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich.

https://ms-perspektive.de/271-christian-munz/

Danke!
Sehr viel und differenziert.
Muß ich in Ruhe durchlesen.

Liebe Grüße
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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