NEDA - Begriff und Konzept, kleine Materialsammlung (Allgemeines)

Boggy, Dienstag, 29. Dezember 2020, 12:30 (vor 1440 Tagen)

Ich habe ein bißchen rumrecherchiert, zu Übersetzungen von "no evidence of disease activity" und zum Konzept selbst. Hier sind ein paar Fragmente; wer mag, kann über die links weiterlesen.

https://medicalforum.ch/journalfile/view/article/

Hirnvolumenverlust als vierter Parameter bei Multipler Sklerose
Die Bedeutung von «NEDA-4» zur Erfassung der Krankheitsaktivität

Michael Linnebanka
(Klinik für Neurologie, UniversitätsSpital Zürich; b HELIOS Klinik Hagen-Ambrock, D-Hagen)

SWISS MEDICAL FORUM – SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM 2016;16(2):42–44

"Mit der Verfügbarkeit immer wirksamerer therapeutischer Optionen wird heutzutage eine Kombination aus klinischen Erhebungen und sensitiveren MRI-Befunden eingesetzt, um die Krankheitsaktivität und gegebenenfalls den therapeutischen Nutzen einer Therapie zu beurteilen.

Das anhand dieser Parameter ermittelte Fehlen messbarer Krankheitsaktivität wurde anfänglich als «frei von Krankheitsaktivität» (disease-activity- free, DAF) bezeichnet [ 21].
Da aber eine gewisse Krankheitsaktivität trotz stetiger Verbesserung diagnostischer Verfahren in der Praxis nicht immer detektiert werden kann, hat sich mittlerweile der Terminus «keine Evidenz für Krankheitsaktivität» (no evidence of disease activity, NEDA) durchgesetzt."

(Der Artikel enthält auch Infos zur Weißen und Grauen Substanz usw.: "Charakteristika der verschiedenen Hirn-Veränderungen"), für alle, die noch mehr dazu lesen möchten.)


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https://www.neuro-depesche.de/nachrichten/

(neues Fenster/tab)

Neuro-Depesche 3/2015

"(...) nun Vorschläge für den vieldiskutierten Outcome-Parameter „Kein Hinweis auf Krankheitsaktivität“ (No Evidence of Disease Activity, NEDA) und entwickelten dazu ein einfaches Ampelmodell mit Handlungsanweisungen."

------------------------------------------------------------

Ein kritischer Artikel zu NEDA =>

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/ene.13669

(neues Fenster/tab)

H. Hegen,G. Bsteh, T. Berger:
24 April 2018
‘No evidence of disease activity’ – is it an appropriate surrogate in multiple sclerosis?,
„Kein Nachweis von Krankheitsaktivität" - ist dies ein geeignetes Ersatzmodell bei Multipler Sklerose?
(so übersetzt das Übersetzungsprogramm; ;-) Boggy)

Obwohl es mehrere scheinbar logische Argumente für den NEDA-Ansatz gibt, gibt es auch einige wichtige Bedenken, die berücksichtigt werden müssen und die noch nicht ausreichend berücksichtigt sind. Unter anderem werden die Grenzen der einzelnen Parameter nicht allein durch ihre Verwendung innerhalb eines zusammengesetzten Scores beseitigt, und der Beitrag der einzelnen Parameter zur NEDA ist nicht ausgewogen, da z. B. die Entdeckung einer einzigen neuen Läsion in der Magnetresonanztomographie als ebenso bedeutsam angesehen wird wie das Auftreten eines schwer beeinträchtigenden Rückfalls. Die NEDA in ihrer derzeitigen Form vernachlässigt auch die zugrunde liegende Pathophysiologie der Erkrankung,
(…)
Die in klinischen Studien verwendeten Definitionen der NEDA und ihrer Komponenten sind sehr unterschiedlich (Tabelle S1). Eine fundierte Bewertung von NEDA oder EDA ist ohne Harmonisierung der Definitionen von Schub, Behinderungsprogression und MRT-Aktivität unmöglich.
(…)
Ein besonderer Vorbehalt betrifft die Verwendung von NEDA für Vergleiche verschiedener Behandlungen, um zu entscheiden, welche die beste ist. Solche vom Medikamentenmarketing getriebenen Vergleiche sind derzeit wissenschaftlich unredlich."
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https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Neue-Therapieziele-in-Sicht-250223.html

Multiple Sklerose
Neue Therapieziele in Sicht

Von Thomas Müller Veröffentlicht: 09.02.2015,

"Allerdings, so geben Neurologen um Dr. Jaime Imitola von der Universität in Columbus/Ohio in einem Editorial zu bedenken, müsse es einen klaren Konsens zu den NEDA-Kriterien geben, bevor diese in der klinischen Forschung und in der Praxis als Therapieziel Verwendung finden (JAMA Neurol 2014; online 22 Dezember).

So sollte klar definiert werden, wie häufig die Patienten zu untersuchen sind, was unter eine Behinderungsprogression zu verstehen ist und welche MRT-Parameter berücksichtigt werden. Nur dann seien NEDA-Werte auch vergleichbar."

Gruß
Boggy

:wink:

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

Tags:
Graue Substanz, Atrophie, Gehirnvolumen, Progredienz, EDSS, MRT, Verlauf der MS, NEDA

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NEDA - Begriff und Konzept, kleine Materialsammlung

Karo, Dienstag, 29. Dezember 2020, 13:18 (vor 1439 Tagen) @ Boggy

Ich habe ein bißchen rumrecherchiert, zu Übersetzungen von "no evidence of disease activity" und zum Konzept selbst. Hier sind ein paar Fragmente; wer mag, kann über die links weiterlesen.

https://medicalforum.ch/journalfile/view/article/

Hirnvolumenverlust als vierter Parameter bei Multipler Sklerose
Die Bedeutung von «NEDA-4» zur Erfassung der Krankheitsaktivität

Michael Linnebanka
(Klinik für Neurologie, UniversitätsSpital Zürich; b HELIOS Klinik Hagen-Ambrock, D-Hagen)

SWISS MEDICAL FORUM – SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM 2016;16(2):42–44

"Mit der Verfügbarkeit immer wirksamerer therapeutischer Optionen wird heutzutage eine Kombination aus klinischen Erhebungen und sensitiveren MRI-Befunden eingesetzt, um die Krankheitsaktivität und gegebenenfalls den therapeutischen Nutzen einer Therapie zu beurteilen.

Das anhand dieser Parameter ermittelte Fehlen messbarer Krankheitsaktivität wurde anfänglich als «frei von Krankheitsaktivität» (disease-activity- free, DAF) bezeichnet [ 21].
Da aber eine gewisse Krankheitsaktivität trotz stetiger Verbesserung diagnostischer Verfahren in der Praxis nicht immer detektiert werden kann, hat sich mittlerweile der Terminus «keine Evidenz für Krankheitsaktivität» (no evidence of disease activity, NEDA) durchgesetzt."

(Der Artikel enthält auch Infos zur Weißen und Grauen Substanz usw.: "Charakteristika der verschiedenen Hirn-Veränderungen"), für alle, die noch mehr dazu lesen möchten.)

An so etwas dachte ich, als ich bezweifelt hatte, dass Messbarkeit ein Kriterium für belegte Krankheitsaktivität sein müsse. Und vor allem auch an patientenberichtete Krankheitsaktivität.

Was, wenn der Patient berichtet, dass seine Hand neuerdings immer so kribbelt, dies aber durch Untersuchungen gar nicht objektiviert werden und die Kribbelintensität auch nicht gemessen werden kann? Zählt das dann, zählt das nicht, und wenn ja, wie?

Das Wie ist hier nicht zu vernachlässigen, denn je nach Alter, Geschlecht, Ausbildung, aktueller Lebenssituation etc. wird die kribbelnde Hand sicher anders "erzählt" - und auch anders aufgefasst / bewertet (ein erfahrener Neuro, der gerade viel Zeit hat, wird anders damit umgehen als ein unerfahrener Neuro mit wenig Zeit etc.).

Und so weiter.

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https://www.neuro-depesche.de/nachrichten/

(neues Fenster/tab)

Neuro-Depesche 3/2015

"(...) nun Vorschläge für den vieldiskutierten Outcome-Parameter „Kein Hinweis auf Krankheitsaktivität“ (No Evidence of Disease Activity, NEDA) und entwickelten dazu ein einfaches Ampelmodell mit Handlungsanweisungen."

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Ein kritischer Artikel zu NEDA =>

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/ene.13669

(neues Fenster/tab)

H. Hegen,G. Bsteh, T. Berger:
24 April 2018
‘No evidence of disease activity’ – is it an appropriate surrogate in multiple sclerosis?,
„Kein Nachweis von Krankheitsaktivität" - ist dies ein geeignetes Ersatzmodell bei Multipler Sklerose?
(so übersetzt das Übersetzungsprogramm; ;-) Boggy)

Obwohl es mehrere scheinbar logische Argumente für den NEDA-Ansatz gibt, gibt es auch einige wichtige Bedenken, die berücksichtigt werden müssen und die noch nicht ausreichend berücksichtigt sind. Unter anderem werden die Grenzen der einzelnen Parameter nicht allein durch ihre Verwendung innerhalb eines zusammengesetzten Scores beseitigt, und der Beitrag der einzelnen Parameter zur NEDA ist nicht ausgewogen, da z. B. die Entdeckung einer einzigen neuen Läsion in der Magnetresonanztomographie als ebenso bedeutsam angesehen wird wie das Auftreten eines schwer beeinträchtigenden Rückfalls. Die NEDA in ihrer derzeitigen Form vernachlässigt auch die zugrunde liegende Pathophysiologie der Erkrankung,
(…)
Die in klinischen Studien verwendeten Definitionen der NEDA und ihrer Komponenten sind sehr unterschiedlich (Tabelle S1). Eine fundierte Bewertung von NEDA oder EDA ist ohne Harmonisierung der Definitionen von Schub, Behinderungsprogression und MRT-Aktivität unmöglich.
(…)
Ein besonderer Vorbehalt betrifft die Verwendung von NEDA für Vergleiche verschiedener Behandlungen, um zu entscheiden, welche die beste ist. Solche vom Medikamentenmarketing getriebenen Vergleiche sind derzeit wissenschaftlich unredlich."
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https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Neue-Therapieziele-in-Sicht-250223.html

Multiple Sklerose
Neue Therapieziele in Sicht

Von Thomas Müller Veröffentlicht: 09.02.2015,

"Allerdings, so geben Neurologen um Dr. Jaime Imitola von der Universität in Columbus/Ohio in einem Editorial zu bedenken, müsse es einen klaren Konsens zu den NEDA-Kriterien geben, bevor diese in der klinischen Forschung und in der Praxis als Therapieziel Verwendung finden (JAMA Neurol 2014; online 22 Dezember).

So sollte klar definiert werden, wie häufig die Patienten zu untersuchen sind, was unter eine Behinderungsprogression zu verstehen ist und welche MRT-Parameter berücksichtigt werden. Nur dann seien NEDA-Werte auch vergleichbar."

Gruß
Boggy

:wink:

Vielen Dank, Boggy. Wer sich tiefer einlesen will, hat nun genügend und gutes Material. Ich klinke mich jetzt raus, denn ich glaube, meine Botschaft ist angekommen - dass bei dem Schlüsselbegriff eines zentralen Therapiekonzepts auch die sprachliche Umsetzung sorgfältig überdacht werden muss.

:-)

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NEDA - Begriff und Konzept, kleine Materialsammlung

Boggy, Dienstag, 29. Dezember 2020, 13:47 (vor 1439 Tagen) @ Karo

An so etwas dachte ich, als ich bezweifelt hatte, dass Messbarkeit ein Kriterium für belegte Krankheitsaktivität sein müsse. Und vor allem auch an patientenberichtete Krankheitsaktivität.

Da hatten wir uns leider mißverstanden. Ich bin ebenfalls der Ansicht, daß "Meßbarkeit" kein Kriterium für belegte Krankheitsaktivität ist.

Das hatte ich auch nicht gemeint.
Mir ging es nur um die Sprache/Übersetzung. Du beziehst Dich auf diese Sätze von mir:

"Mit "messbarer Krankheitsaktivität" nähert man sich dem englischen Begriff "evidence" als Übersetzung an - ist aber nicht wortgetreu, sondern schon eine recht freie Übersetzung, denn "evidence"/Nachweis kann in dem (sprachlichen - hätte ich einfügen müssen) Zusammenhang nur entstehen durch Meßbarkeit."

Ich hatte versucht, deutlich zu machen, daß die Trierer hier das englische Wort "evidence" nicht wörtlich übersetzen, sondern in "messbare" überführen - was nicht geht. In meiner zunehmenden Altersmilde hatte ich das aber als recht freie Übersetzung durchgehen lassen. Widerrufe ich hiermit.

Sie haben also aus "evidence" im Deutschen "messbar" gemacht, weil sie wahrscheilich gedanklich "evidence" mit "Meßbarkeit" verknüpft haben ... usw usw.

Reicht jetzt wirklich ...
:-D

Vielen Dank, Boggy. Wer sich tiefer einlesen will, hat nun genügend und gutes Material. Ich klinke mich jetzt raus, denn ich glaube, meine Botschaft ist angekommen - dass bei dem Schlüsselbegriff eines zentralen Therapiekonzepts auch die sprachliche Umsetzung sorgfältig überdacht werden muss.

:-)

Botschaft ist definitiv angekommen!
Und ich vollführe zur festgestellten Ankunft nun ebenfalls meinen Abgang aus dem Thema.

:-)

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

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NEDA - Begriff und Konzept, kleine Materialsammlung

Karo, Dienstag, 29. Dezember 2020, 15:06 (vor 1439 Tagen) @ Boggy

An so etwas dachte ich, als ich bezweifelt hatte, dass Messbarkeit ein Kriterium für belegte Krankheitsaktivität sein müsse. Und vor allem auch an patientenberichtete Krankheitsaktivität.


Da hatten wir uns leider mißverstanden. Ich bin ebenfalls der Ansicht, daß "Meßbarkeit" kein Kriterium für belegte Krankheitsaktivität ist.

Das hatte ich auch nicht gemeint.
Mir ging es nur um die Sprache/Übersetzung. Du beziehst Dich auf diese Sätze von mir:

"Mit "messbarer Krankheitsaktivität" nähert man sich dem englischen Begriff "evidence" als Übersetzung an - ist aber nicht wortgetreu, sondern schon eine recht freie Übersetzung, denn "evidence"/Nachweis kann in dem (sprachlichen - hätte ich einfügen müssen) Zusammenhang nur entstehen durch Meßbarkeit."

Ich hatte versucht, deutlich zu machen, daß die Trierer hier das englische Wort "evidence" nicht wörtlich übersetzen, sondern in "messbare" überführen - was nicht geht. In meiner zunehmenden Altersmilde hatte ich das aber als recht freie Übersetzung durchgehen lassen. Widerrufe ich hiermit.

Sie haben also aus "evidence" im Deutschen "messbar" gemacht, weil sie wahrscheilich gedanklich "evidence" mit "Meßbarkeit" verknüpft haben ... usw usw.

Reicht jetzt wirklich ...
:-D

lightbulb

Vielen Dank, Boggy. Wer sich tiefer einlesen will, hat nun genügend und gutes Material. Ich klinke mich jetzt raus, denn ich glaube, meine Botschaft ist angekommen - dass bei dem Schlüsselbegriff eines zentralen Therapiekonzepts auch die sprachliche Umsetzung sorgfältig überdacht werden muss.

:-)


Botschaft ist definitiv angekommen!
Und ich vollführe zur festgestellten Ankunft nun ebenfalls meinen Abgang aus dem Thema.

:-)

Genehmigt und gestempelt

gez. Karo

:-D :baum:

:wink:

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