Kunst oder Klima? Auf ein Neues! (Straßencafé)

Boggy, Mittwoch, 16.11.2022, 16:31 (vor 498 Tagen)

Vielleicht ist das alles völlig belanglos, verglichen mit der Tatsache, daß ich mehr als genug damit zu tun habe, meinen von MS-Behinderungen und Einschränkungen geprägten Alltag - oft nur mit letzten Kräften - einigermaßen zu bewältigen. Es gibt auch genug Phasen, da hält mich das ausreichend beschäftigt und läßt kaum Raum für Anderes.

Und dennoch. Da sind die Zwischenräume, die sich mit lebensfördernden Anregungen füllen - und Aufregungen, wenn das Lebensfördernde gefährdet wird.
(Man vergebe mir das kleine bißchen Pathos.)

Jedenfalls freue ich mich darüber, daß sich nun auch ein Kommentator des "Guardian" meiner und der Sache der Kunstwerke angenommen hat:

https://www.theguardian.com/klimt-climate-activists-crisis-petrol-picasso

"Was kommt als Nächstes: Benzin auf einen Picasso? Die Bedrohung der Kunst ist keine Antwort auf die Klimakrise

Es ist anmaßend von den Aktivisten, die einen Klimt angegriffen haben, anzunehmen, dass jeder, der sich für Kunst interessiert, sich nicht auch um den Planeten kümmert.
Ein neuer Tag, eine neue Galerie: Die Angriffe auf die Kunst im Namen des Klimaschutzes sind zu einer schlagzeilenträchtigen Besessenheit geworden, deren Logik eskaliert. Je bösartiger ein berühmtes Meisterwerk behandelt wird, desto größer ist das Medienecho.
(...)

Es besteht keine Chance, dass die Regierungen ihre Politik aufgrund dieser Proteste ändern. Aber es besteht durchaus die Möglichkeit, dass ein großes Kunstwerk zerstört wird.

Die Aktion in Wien macht das auf schreckliche Weise deutlich. Das ist Bilderstürmerei. Es ist ein bewusster Flirt mit der Zerstörung von Kunst, eine implizite Drohung, bis zum Äußersten zu gehen, was eine Verachtung für die Kunst und die Museen, die versuchen, sie zu bewahren und zu schützen, zum Ausdruck bringt.
(...)

"Was ist mehr wert? Kunst oder Leben?", fragten die "Just Stop Oil-Aktivisten", die Van Goghs Sonnenblumen mit Tomatensuppe bewarfen. Was für eine lächerlich falsche Debatte. Wer die Kunst liebt, wertet das Leben nicht ab - im Gegenteil, sie hilft uns, die Natur zu schätzen und zu sehen. Die gesamte Kunst in der National Gallery in London, in der der Angriff mit der Suppe stattfand, von Giotto bis Van Gogh, basiert auf einer genauen Betrachtung des Lebens. Sie preist unseren Planeten.
(...)

Der Angriff auf " legendäre " Kunst erregt Aufmerksamkeit und löst angeblich eine Debatte aus.
Die einzige Debatte, die hier geführt wird, ist jedoch eine über Protest. Ich habe noch keinen Beweis für ein neues Denken oder eine neue Sensibilität für die Klimakrise gesehen. Stattdessen werden Artikel wie dieser über Recht und Unrecht der Aktion veröffentlicht.
Dramatische Gesten in Museen können den Schmerz des Planeten nicht ausdrücken und heilen, sondern kollektives Handeln. Das muss auf einer demokratischen Übereinkunft beruhen und nicht auf dem Zwang eines Mannes mit einer Benzinbombe, der neben Picassos Guernica steht. Und genau darauf scheinen wir zuzusteuern."

Kunst ist Teil unseres Menschseins. Ausdruck der Vielfalt unserer Menschlichkeit und unserer Schöpferkraft
- genau diese Kraft, die wir auch brauchen, um all die Krisen zu bewältigen. Die Auseinandersetzungen der Menschen in verschiedenen Zeiten mit Kust und Kunstwerken haben zu dem beigetragen, was wir sind und was wir vollbringen können als Menschen.

Kunst, Kunstwerke (nicht alle) bringen oft genug heilsame Kräfte in mein MS-geprägtes Leben.

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.


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