eine Auflösung (?) (Straßencafé)

W.W. @, Mittwoch, 29.09.2021, 16:18 (vor 933 Tagen) @ Boggy

Ich möchte mich nicht direkt in das Gespräch über das Christentum im anderen thread einmischen ...
Habe aber möglicherweise eine Auflösung für die Frage, die WW stellt: nach einem von ihm "in der Tiefe des Christentums" verborgenem "Unheimlichen", das er vermutet.
Und das vielleicht den Macht- und Herrschaftsaspekt in Religionen betrifft.

Ja, das vermute ich! Es geht um den Macht- und Herrschaftsanspruch des Christengottes.

Ich kenne mich religionsgeschichtlich nicht gut aus, aber ich könnte mir vorstellen, dass z.B. Lessing von einem Gott ausging, der sich im Laufe der Jahrtausende gewandelt hat, der zunächst ein Gott mit heidnischen Zügen war (z.B., dass Gott von Abraham forderte, ihm seinen Sohn zu opfern), sich aber zur Zeit Jesu Christi in einen barmherzigen Gott umgewandelt hat und sich möglicherweise weiter verändern wird.

Ich persönlich hoffe, dass Lessing das richtig gesehen hat, stutze aber, dass ein so kluger Mann wie Augustinus die Gefolgschaft und das Rechthaberische so in den Vordergrund gestellt hat, als hinge von diesem Gottesbild, das mir fremd und unheimlich ist, das Wesen Gottes ab.

Für mich persönlich denke ich, dass Augustinus sich geirrt haben muss, bin mir aber sehr wohl bewusst, dass ich versuche, mir ein Gottesbild zurechtzuzimmern, das ich mag. Aber - mit Kierkegaard gesprochen - es geht ja gar nicht um mich, sondern um einen Gott, dem man sich möglicherweise nur mit 'Furcht und Zittern' nähern kann - das ist ja eventuell das, was dem Gott der Liebe entgegensteht, den Naseweis meint.

Mir hat das auf der Bank im Garten sehr zu denken gegeben, vor allem aber bin ich unsicher geworden, ob mir der Gott, dem ich mich anvertrauen kann, sympathisch finden muss. Ich würde das gern, so wie man einen Arzt gern haben muss, dessen Rat man folgt, aber Gott - und das ist das Abgründige -könnte mir so fremd sein, dass ich Gefahr laufe, mich ihm zu entziehen.

Kurz: Ich halte Naseweis' Vorstellung von Gott für eine fromme Lüge. Er gehört also für mich zu den Pelagianern, was aber keineswegs als Vorwurf gemeint ist. Ganz im Gegenteil! Denn ich hasse dieses menschenferne Gottesbild, wie man einen Tyrannen hasst, unter dessen Herrschaft man sich eigentlich wohlfühlt.

W.W.


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