Die Kiste oder warum ich nicht gerne präzise bin. (der kleine Prinz) (Straßencafé)
Lieber Agno,
es gibt mehrere Dinge, die für mich zusammenkommen und sich gegenseitig verhaken und ein Kuddelmuddel bilden.
Erstens ist es mir ein Bedürfnis, Boggy meiner Zustimmung zu vergewissern. Ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen, dass ich ihn verstehe. Das hat etwas mit dem Bild zu tun, das ich schon einmal benutzt habe: Man nimmt sich an der Hand, wenn man in einen dunklen Wald geht.
Zweitens habe ich Probleme mit der Wissenschaftsgläubigkeit. Ich glaube nicht, dass man die wirklich wesentlichen Fragen zu stutzen und umformulieren kann, dass sie durch eine RCDS-Studie beantwortbar gemacht worden wären. Man kann jahre- und jahrzehntelang sehr große Studien über Betainterferone machen und trotzdem nicht wissen, ob das Zeug hilft oder nicht hilft. Die wirklich wesentlichen Fragen lassen sich wissenschaftlich nicht beantworten. Der Urknall ist keine Antwort auf die Frage nach Gott.
Drittens habe ich einen gewissen Hang zur Romantik, zur Poesie, zu Märchen, Erzählungen - und zu Heidegger. Vielleicht gibt es (trotz Wittgenstein) etwas, was man zum Ausdruck bringen kann, was jenseits der Sprachbarrieren liegt?
Viertens lehne ich Heidegger ab, weil er das Grummeln und visionäre Ahnen über das klar Sagbare stellt.
Fünftens ist für mich der Dialog, das Miteinanderreden, das Pro und das Contra, wichtiger als das, was in einem wissenschaftlichen Artikel zu stehen scheint.
Sechstens geht es mir um Verständigung. Gerade in diesem Forum. Es geht nicht um Bonmots und Aphorismen, sondern um die aufrichtige Weise, sich verständlich zu machen. Boggy gelingt das in einer vorbildhaften Art.
Siebtens sind sogar Postings sehr schwierig. Sie sollen interessant, informativ, kurzweilig und verständlich sein. Es soll eine Balance geben zwischen Heiterem und Todernstem. Und sie dürfen niemanden verletzen oder überfordern. Vor allem dürfen sie nicht wie Jehovas Zeugen sein. Postings sind die hohe Kunst der Kommunikation!
W.W.
PS: War das nun eine Antwort, auf das, worauf Sie den Finger gelegt haben? Eine Talkshow-Antwort? Oder eine Antwort, die sich erst im mühseligen Hin und Her erschließt? Vielleicht ist es ja auch so, dass ein Mensch gerade dann anfängt, interessant zu werden, und man ihn nicht mehr versteht. Weil man dann nachfragt, und auf einmal viel besser weiß, worauf er hinauswill - und dass er es bei seiner ersten Antwort selbst nicht einmal verstanden hatte.