Einige Spekulationen über 'Menschenmaterial' (Allgemeines)

W.W. @, Mittwoch, 30.06.2021, 11:15 (vor 1024 Tagen) @ W.W.

Was hätte Camus noch geschrieben, wenn er den Autounfall seines Verlegers überlebt hätte?

Was hätte Kafka noch geschrieben, wenn er durch eine Tuberkulostatika-Therapie gerettet worden wäre?

Zu welchen Höhen hätte Jogi Löw die deutsche Nationalmannschaft noch führen können, wenn er jetzt nicht im Achtelfinale verloren hätte?

Ich gebe ja zu, dass das müßige Gedanken sind (obwohl ich den Ausdruck 'Menschenmaterial' in diesem Zusammenhang nicht mag), und ich verwende sie nur, um deutlich zu machen, was es bedeuten würde, wenn jemand 10 Jahre als Frosch lebt, während er in Wirklichkeit ein Prinz ist. Oder wenn jemand jahrelang hätte in einem KZ oder GULAG leben müssen.

Ich nehme an, diese Erfahrung wäre an niemandem spurlos vorübergegangen. Man hätte Falten, einen krummen Rücken, eine Anfälligkeit der Leber oder einen ganz speziellen Gesichtsausdruck bekommen.

Bei der MS (glauben einige) scheint das anders zu sein. Ich glaube das nicht! Manchmal kommt es mir sogar makaber vor, jemand, der jahrelang gelähmt gewesen sei, könne wieder tanzen.

Das ist es, wovor ich warnen wollte, und das, was ich meine, wenn man sagt, die Krankheit 'zeichne' einen. Es ist kein 'Kainszeichen', sondern etwas anderes, was die Krankheit in uns einbrennt, wie ein Pferd gebrandmarkt wird.

Unangenehm an dem Gedanken ist wohl, dass man durch Leiden reift und nie wieder der wird, der man mal war. Ganz und gar nicht unangenehm aber ist, dass jeder mit 50, 60 oder 70 das Gesicht hat, das er verdient, weil nichts spurlos an uns vorübergeht. Sogar eine jahrelange
Depression nicht! Man wird nie wieder der, der man war!

W.W.


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