Der Traum von einer Kultur der Alten (Straßencafé)

W.W. @, Donnerstag, 04.08.2022, 09:41 (vor 603 Tagen)

Wenn der Mensch dafür ausgelegt, 60 oder 70 Jahre alt zu werden, aber mit der Zeit beginnt, immer älter zu werden, könnte es nicht sein, dass seine genetische Grundausstattung, die an sich ausreichend ist, an eine Grenze gelangt?

Oder ist es ein Irrtum anzunehmen, das menschliche Herz, die menschlichen Nieren, die menschliche Leber und die menschliche Haut hätten eine begrenzte Laufzeit, ein Verfalldatum - und wenn das abgelaufen ist, schleichen sich mehr und mehr Fehler ein. Das gilt natürlich auch für das menschliche Gehirn.

Was für 60 oder 70 Jahre gut ist, könnte ja mit 80, 90 oder 100 zunehmend gravierende Mängel aufweisen! Ist das nicht der normale Lauf der Dinge?

Haben der Wohlstand und die Zivilisation den Menschen dazu gebracht, dass er die ihm genetisch geschenkte Zeit überschritten hat? Dass der Preis dafür, älter zu werden, eben der war, mit immer weniger funktionsfähigen Gehirnen zu leben bzw. dahin zu vegetieren? Oder gibt es ein bisher noch unentdecktes Reich, in dem sich der alte Mensch wohlfühlen kann?

Eine Utopie wäre, dass es (unentdeckte) Gegenden gibt, in denen für die alten Menschen Milch und Honig fließen, und in denen sie sich vollkommen wohlfühlen. Nicht, weil diese Welt aussieht wie ein glitzerndes Las Vegas, sondern sie eine Welt ist, in die sich Menschen, die sich aus der lärmenden Hektik zurückziehen wollen, ihren Frieden finden.

Das muss durchaus keine idyllische Friedhofsruhe sein, sondern eher eine Welt, wie sie früher in 'Unsere kleine Stadt' von Thornton Wilder beschrieben wurde, und die es damals tatsächlich auch gegeben hat. Könnte es nicht sein, dass die Alten an den Rand gedrängt wurden, weil sie versagt haben, sie eine eigene Kultur aufzubauen, wie es möglicherweise in Wien vor dem 1. Weltkrieg war?

W.W.


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