Novozän - eine verrückte Idee? (Straßencafé)

W.W. @, Freitag, 03.09.2021, 09:59 (vor 937 Tagen)

Ich hatte bereits erwähnt, dass ich 'Novozän' von James Lovelock lese, das Buch eines 100-jährigen, der sich in den Siebziger Jahren mit 'Gaia' einen Namen gemacht hatte, also der Vorstellung, dass unsere Erde ein riesiger Organismus, die wie ein großes Lebewesen zu schützen ist. Gestern habe ich es zu Ende gelesen.

Ich hatte gedacht, dass es esoterische Phantasien eines sehr alten Mannes sind, aber das tut dem Büchlein (etwa 100, groß geschriebene Seiten) Unrecht. Ich habe selten etwas gelesen, das so klar und anregend ist, obwohl mich die Thesen merkwürdig berühren:

- Unsere Erde fühlt sich nur wohl, wenn sie im Eiszeit-Modus ist, die dazwischen liegenden Wärmeperioden (wir befinden uns zur Zeit gerade am Ende einer abklingenden Wärmeperiode) seien nur Intermezzi von etwa 10.000 Jahren von großen Eiszeitzyklen, die jeweils 100.000 Jahre dauern.

- Das Anthropozän nach Lovelock begann mit Newcomens Dampfmaschine im späten 18. Jahrhundert und geht jetzt ins 'Novozän' über, in dem Cyborgs (cybernetic organisms) die Herrschaft übernehmen werden. Sie werden uns 10.000fach überlegen sein und keine reine Maschinen-Intelligenz sein, sondern so etwas zwischen Mensch und großem Computer.

- Die Cyborgs sind den Menschen unendlich überlegen (nicht nur wegen der Datenmenge, die ihnen zur Verfügung steht, und nicht nur, wegen ihrer rasenden Rechengeschwindigkeit, sondern weil sie auf eine andere Weise rechnen wie wir. Wir denken auf klassische Art in einer step-by-step-Logik (Ursache-Wirkungs-Logik), aber sie denken mit einer vernetzten, nicht-linearen, selbstbezüglichen Logik.

- Cyborgs sind uns nicht feindlich gesonnen, obwohl sie uns überlegen sind (wie im 'Terminator'), sondern brauchen uns, um die Erde zu erhalten (aber anders als in 'Matrix'). Im Grunde genommen repräsentieren sie die Intelligenz, die unsere Erde das Überleben sichern wird.

- Letztendlich strebt unser Universum (wie nach dem anthropischen Prinzip) nach Bewusstsein seiner selbst.

Das könnte also schrecklicher Science fiction-Unsinn eines Mannes sein, der vor dem Sterben noch einmal alle Knabenblüten-Gedanken auf ein schöneres Leben in der Zukunft richtet! Ich glaube, deswegen ist von dem Buch von Naturwissenschaftlern auch kaum Kenntnis genommen worden. Es scheint eine verrückte Spinnerei zu sein!

W.W.


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