Die oralen MS-Therapie (Allgemeines)

W.W. @, Donnerstag, 09.06.2016, 10:23 (vor 2879 Tagen)

Ich würde in der Neuauflage gern das Folgende schreiben. Aber ich stelle den geplanten Text erst einmal so ins Forum, damit er diskutiert werden kann, was falsch, zu viel und zu wenig ist. Wenn der Text dann besser geworden ist, kann er ja ins 'Seminar' aufgenommen werden.

Die orale MS-Therapie
Bis vor kurzem war es ein Test für die MS-Insider: Wer dazugehören wollte, musste alle drei Betainterferone herunterleiern können und war auch in der Lage aus dem Stegreif das Für und Wider von Copaxone® herzubeten. Auch die nächste Episode mit Tysabri® war noch gut zu behalten. Aber jetzt ist das anders geworden. Sogar die ganz alten ‚Hasen’ tun sich schwer, die neuen Medikamente gegen die MS richtig auszusprechen und auseinander zu halten.

Eigentlich geht es ja nur um diese 3:
Fumarsäure (Tecfidera®), Fingolimod (Gilenya®) und Teriflunomid (Aubagio®).

1. Fumarsäure (Tecfidera®)
1995 wurde in Deutschland die Fumarsäure unter dem Namen Furaderm® gegen die Schuppenfleche (Psoriasis) zugelassen. Soweit ich weiß, hatte der Bochumer Haut-Professor Peter Altmeyer bemerkt, dass sich die MS bei einer Patientin besserte, die er wegen einer Schuppenflechte mit diesem Medikament behandelte. Da ist ihm wohl ein so genannter Seifensieder aufgegangen, und er hat angeregt, die Wirkung der Substanz auf die MS zu untersuchen.
Wie Fumarsäure wirkt, ist unklar. Auf jeden Fall senkt es die Zahl der weißen Blutkörperchen, ist also ein Immunsuppressivum oder ein Immunmodulator.

Das Beste, was einer Pharmafirma passieren kann, ist Folgendes: Man vertreibt schon seit Jahren ein Medikament, das erfolgreich die Schuppenflechte bekämpft, und dann stellt sich heraus, dass es auch bei der MS Schübe verhindert. Somit hat man ein Medikament, dessen Verträglichkeit lange Jahre bekannt ist, und jetzt ist eine neue Indikation hinzugekommen. So ist es mit der Fumarsäure gewesen.

Tecfidera ist zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmig remittierender mMultipler Sklerose (RRMS) zugelassen. Was die Studienlage und die Wirksamkeit angeht, beziehe ich mich auf die UKE-Broschüre und ihre Aktualisierung am 23. März 2013. Es geht um 2 große Studien: DEFINE (N=1237) und CONFIRM (N=1086). Beide wurden 2012 veröffentlicht. Es wurden Patienten mit schubförmiger MS mit 2mal 240mg oder 3mal 240mg Fumarat behandelt und mit Plazebo verglichen. Die DEFINE-Studie wurde von Ralf Gold von der DMSG geleitet.

Wirkung
· Die jährliche Schubrate lag unter Plazebo bei 0,36 pro Jahr gegenüber 0,17 bzw. 0,19 unter Fumarat.
· 9% hatten therapiebedingt keine Zunahme der Beeinträchtigung.
· Fanden sich unter Plazebo über 2 Jahre durchschnittlich 17 neue oder vergrößerte Entzündungsherde, so waren dies unter Fumarat 3 bzw. 4. Unter Plazebo fanden sich durchschnittlich 2 neue Kontrastmittelanreicherungen über 2 Jahre, unter Fumarat weniger als 0,5.

Nebenwirkungen
Wie es bei dem Wirkungsmechanismus zu erwarten ist, kommt es im ersten Jahr bei 28% zu einem Absinken der weißen Blutzellen im Vergleich zu 10% unter Plazebo.
Einige NW traten unter Fumarat häufiger auf als unter Plazebo:
Gesichtsrötung: 5% unter Plazebo und 32 bzw. 38% unter Fumarat.
Bauchschmerzen: 5% unter Plazebo und 11 bzw 9% unter Fumarat.
Juckreiz: 5% unter Plazebo und 10 bzw. 8% unter Fumarat.
Ebenso waren Übelkeit und Erbrechen häufiger unter Fumarat, diese Unterschiede waren aber nicht so deutlich. Gesichtsröte und Magen-Darm-Beschwerden traten vor allem im ersten Monat auf.

Das PML-Risiko
Die Bedenken beziehen sich vorwiegend auf diesen Punkt: das Risiko der PML.
Im April 2015 berichtete das Deutsche Ärzteblatt. Dass mittlerweile insgesamt 11 Fälle einer progressiven multifokalen Leukencephalopathie (PML) unter der Therapie mit Dimethylfumarat-haltigen Arzneimitteln bekannt geworden seien.
Der Zusammenhang ist so: Unter der Annahme, dass die MS eine Autoimmunerkrankung ist, liegt in der MS-Therapie ein Schwerpunkt auf der Immunsuppression, die sich natürlich auch die Immunabwehr im Gehirn auswirkt. Dies birgt das Risiko einer Infektion mit dem JC-Virus mit der Folge einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML)...


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