Über die Romantik (Straßencafé)

W.W. @, Donnerstag, 23.11.2023, 11:31 (vor 156 Tagen)

Ich mag vieles an der Romantik: Dass sie volksnah ist (Volkslieder, Märchen), dass sie nicht abgehoben, sondern einfach ist (dass sie also dem Volk auf das Maul schaut), aber das, was mna normalerweise schreibst scheint ja eher ganz anders zu sein, dass sie nämlich esoterisch ist, indem sie Tagträume wirklich werden lässt: Fichte, Fichte, Fichte!!!

Ich glaube, Fichte wird zu leicht abgetan, weil man ihn seines eigentlichen Wesens beraubt hat, weil es zu märchenhaft und ungeheuerlich erschien: Das, was wir denken, könnte wahr werden, wenn wir uns nur genügend Mühe gäben, so wie kein Prophet zu einem Berg geht, sondern jeder vernünftige Berg zum Propheten kommt.

Die 'wahre' Romantik scheint mir im 'Goldenen Topf' von R.Th.A. Hoffmann wiedergespiegelt zu sein: Das, worin sich zu leben lohnt, geht wie ein Traum in die Wirklichkeit über: Registrator Heerbrand und Archivarius Lindhorst - wenn ich mich richtig erinnere.

Ein Idiot (im Jargon der Zeit: ein Pharisäer), der ein Haus für ein Haus und einen Garten für einen Garten hält! Das Haus ist etwas Geheimnisvolles, von dem wir nur die Silhouette erahnen, und der Garten verliert sich ins Unendliche...

Wenn die Sonnenstrahlen durch die Blätter fallen und auf einem Ast etwas aufleuchten lassen, dann sind das natürlich schlanke türkisfarbene Schlangen - was denn sonst?!

Nachdem uns Walt Disney und die Künstliche Intelligenz unsere Phantasie ausgetrieben haben, sind wir arm und immer ärmer geworden, obwohl man uns das unglaublich Schöne versprochen hat. Es ist langweilig geworden wie ein Patsy-Ball oder eine Burg aus Legosteinen.

Wolfgang

PS: Man könnte ja meinen, das sei einfach so dahin geschrieben, so wie ein Wort zufällig das andere ergibt. Aber das ist es nicht, Es hat einen inneren Zusammenhang, der im 'Wesen' eines jeden Menschen begründet ist: "Vom Vater die Statur, von Mütterchen die Frohnatur." (Goethe)

Meine Großmutter hat mir abends immer Märchen vorgelesen, meine Tante hat mir abends, bevor sie ausging, immer Volkslieder vorgesungen und schließlich habe ich meine Frau aus dem fernen Korea geheiratet. Es ist erstaunlich, wie sich alles so fügen kann. Aber nicht ohne Phantasie!!!

Die Phantasie ist ein 'Götterfunken'. Das haben wir bei FICHTE verdrängt (wie die Psychotherapeuten sagen würden.)

Über die Romantik

fRAUb, Freitag, 24.11.2023, 08:55 (vor 155 Tagen) @ W.W.

Nun, meiner Erfahrung nach, bröckelt die romantik nicht an der KI, sondern vielmehr an den Umständen die die MS, bzw andere Erkrankungen so mit sich bringen können.

Ich glaub nicht dass das an "Fichte" liegt.

In meinem Fall hat sich das mit der Romantik erledigt, wenn ich an mir herunter schaue. Ich habe habe eine neue Kategorie für mich gefunden. Kategorie" Blobfisch". Passt schon. Wabbelige Masse ohne feste Konturen. Dafür sagen mir alle "Gott sei Dank, bist du klar im Kopf."

Das macht es nicht besser.

Über die Romantik

W.W. @, Freitag, 24.11.2023, 11:08 (vor 155 Tagen) @ fRAUb

Nun, meiner Erfahrung nach, bröckelt die romantik nicht an der KI, sondern vielmehr an den Umständen die die MS, bzw andere Erkrankungen so mit sich bringen können.

Ich glaub nicht dass das an "Fichte" liegt.

In meinem Fall hat sich das mit der Romantik erledigt, wenn ich an mir herunter schaue. Ich habe habe eine neue Kategorie für mich gefunden. Kategorie" Blobfisch". Passt schon. Wabbelige Masse ohne feste Konturen. Dafür sagen mir alle "Gott sei Dank, bist du klar im Kopf."

Das macht es nicht besser.

Ich danke dir für die Antwort. Ich bezog mich auf die Worte: 'Früher als die Wünsche noch geholfen haben'.

Für mich ist unsere Zeit ärmer geworden, weil ich desillusionierter geworden bin. Ich glaube nur noch, was sich im Experiment bestätigt hat und was in Statistiken steht. Damit scheint für viele nur noch das zu stimmen, was sich experimentell oder durch Statistiken erhärten lässt. Ich denke, Boggy ist ein Befürworter dieser Haltung, und ich verstehen das auch, weil sonst den abenteuerlichsten Meinungen Tür und Tor geöffnet würde.

Als Kind war ich anders. Ich erinnere mich daran, dass ich ein Gedicht wie
'Dunkel war's, der Mond schien helle,
als ein Wagen blitzeschnelle langsam um die Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschossener Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.'
wörtlich genommen und geglaubt habe.

Das Gedicht ist natürlich Unsinn, aber damals wusste ich noch nicht, dass etwas falsch sein kann, obwohl es gereimt und Schwarz auf Weiß gedruckt ist. Dann wurde ich langsam erwachsen und merkte, wie die Erwachsenen es darauf anlegten, mich in meinem Kinderglauben immer wieder hinters Licht zu führen.

Ich erkannte, dass die Ironie eine merkwürdige Art von Wahrheit ist, und Märchen, die ich abgöttisch liebte, und sogar die biblischen Geschichten keineswegs im kindlichen bzw. naiven Sinn wahr sind.

Damit bin ich bei FICHTE angelangt. Ist uns nicht viel verlorengegangen, weil wir das nicht mehr glauben, was uns Großmütter erzählen und was in der Zeitung steht. Dauernd müssen wir uns misstrauisch umdrehen und uns fragen: 'Ist das denn wirklich wahr?' stellen.

Dadurch wissen wir natürlich viel mehr, weil wir jedes Wort hinterfragen und anders deuten können, aber wir drohen auch in einem Sumpf zu versinken. Der junge Erwachsene kommt damit noch gut klar, weil er zu wissen meint, wenn er getäuscht wird. Mir geht als alter Mann diese Gewissheit verloren.

Aber was hat das mit FICHTE zu tun?! Wer klug ist, wittert hinter jeder Bemerkung eine Falle!. Ich glaube(!), FICHTE war noch der Ansicht, auch Träume könnten wahr werden, wenn man sie nur mutig genug glauben würde. Ich, glaube, auch E.Th.A. Hoffmann teilte diese Meinung noch - und sie ist auch nicht ganz weit von Immanuel Kant entfernt

Für Boggy wäre das vermutlich eine Zumutung, die uns aber auch wieder zu Kindern macht und uns ein Kinderreich erschließt (-> Romantik).

Wir haben nicht nur unsere Unschuld, sondern auch unsere Phantasie verloren und das hat viel mit Hollywood und Künstlicher Intelligenz zu tun. Wir werden immer klüger und immer profaner.

Wolfgang

Die Frage nach Täuschung und Wahrheit?

Boggy, Freitag, 24.11.2023, 13:00 (vor 155 Tagen) @ W.W.

Für mich ist unsere Zeit ärmer geworden, weil ich desillusionierter geworden bin. Ich glaube nur noch, was sich im Experiment bestätigt hat und was in Statistiken steht. Damit scheint für viele nur noch das zu stimmen, was sich experimentell oder durch Statistiken erhärten lässt. Ich denke, Boggy ist ein Befürworter dieser Haltung, und ich verstehen das auch, weil sonst den abenteuerlichsten Meinungen Tür und Tor geöffnet würde.

Wenn ich das richtig verstehe, ist das übergreifende Thema die Frage nach Täuschung und Wahrheit. Ein ausgesprochen schwieriges und vielschichtiges Thema.

Ich glaube, daß wir gleichzeitig in verschiedenen Welten leben (können), die alle ihre eigenen Regeln und Bedingungen haben; und man tut gut daran, diese Welten nicht zu vermischen.

So würde ich keinem Mediziner vertrauen, der schwärmerisch in visionärer, ekstatischer, innerer Schau ein neues Medikament entwickelt. Da bevorzuge ich den Wissenschaftler, der in Popperscher Manier eine überprüfbare und widerlegbare Theorie entwirft oder auf diese Weise ein Medikament entwickelt.

Aber wenn ich z.B. in der Welt der Lyrik wandle, dann offenbaren sich mir ganz andere Erlebnisse, Erkenntnisse oder Wahrheiten. Und oft vermischen sich hier alltägliche Existenz und dichterische Vorstellungskraft in der dichterischen Welt des Dichters, die ich betrete, und die wiederum mit meiner eigenen Welt zu einer neuen anderen Welt wird.

Ich liebe die Romantik. Allerdings die englische, mit der deutschen kenne ich mich kaum aus. Zu meinen Lieblingsdichtern gehören die so unterschiedlichen Dichter wie William Blake, William Wordsworth und Percy Bysshe Shelley.

Aber eine zentrale Frage ist, welche Erkenntisse und Regeln aus welcher Welt sind verallgemeinerbar, können als allgemeingültig anerkannt werden, um dann daraus für alle verbindliche Regeln zu schaffen!
Das ist eine politische Frage, an der sich Macht, Herrschaft und Unterdrückung auf der einen und Freiheit und Selbstbestimmung auf der anderen Seite unterscheiden lassen - und unterschieden werden müssen.

Gruß
Boggy

--
Um unserer persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit willen müssen wir immer wieder die Saat des kritischen Verstandes und des begründeten Zweifels säen.

Die Frage nach Täuschung und Wahrheit?

W.W. @, Freitag, 24.11.2023, 15:43 (vor 155 Tagen) @ Boggy

Wenn ich das richtig verstehe, ist das übergreifende Thema die Frage nach Täuschung und Wahrheit. Ein ausgesprochen schwieriges und vielschichtiges Thema.

Ja, das kann man genau so sehen. Ich persönlich stehe nun einmal mehr auf E.Th.A. Hoffmann und Fichte!

Ich glaube, daß wir gleichzeitig in verschiedenen Welten leben (können), die alle ihre eigenen Regeln und Bedingungen haben; und man tut gut daran, diese Welten nicht zu vermischen.

Auch dem stimme ich zu. Ich denke, das ist das Geisteswissenschaften/Naturwissenschaften-Problem.

Nein, man darf diese Welten nicht vertauschen! Auch das ist ein Problem: das Problem der Verwechslung der Kategorien - das ich schon häufig angesprochen habe..

So würde ich keinem Mediziner vertrauen, der schwärmerisch in visionärer, ekstatischer, innerer Schau ein neues Medikament entwickelt. Da bevorzuge ich den Wissenschaftler, der in Popperscher Manier eine überprüfbare und widerlegbare Theorie entwirft oder auf diese Weise ein Medikament entwickelt.

Da haben Sie Recht. Unbedingt! Aber seit Thomas S. Kuhn glaube ich nicht mehr so sehr an Popper. Wir können - meiner Meinung nach - Geistes- und Naturwissenschaften nicht voneinander unterscheiden. Experimente und Statistik führen in die Irre.

Aber wenn ich z.B. in der Welt der Lyrik wandle, dann offenbaren sich mir ganz andere Erlebnisse, Erkenntnisse oder Wahrheiten. Und oft vermischen sich hier alltägliche Existenz und dichterische Vorstellungskraft in der dichterischen Welt des Dichters, die ich betrete, und die wiederum mit meiner eigenen Welt zu einer neuen anderen Welt wird.

Ich liebe die Romantik. Allerdings die englische, mit der deutschen kenne ich mich kaum aus. Zu meinen Lieblingsdichtern gehören die so unterschiedlichen Dichter wie William Blake, William Wordsworth und Percy Bysshe Shelley.

Ich kann mich nicht zwischen Eichendorff und Shelley entscheiden. Ich schätze sie beide, obwohl mir Eichendorff natürlich näherliegt (wegen der deutschen Sprache).

Kurz: Ich könnte mir vorstellen, dass wir nur in einer Welt leben, aber diese für das Ganze halten. Das könnte uns prosaisch bzw. nüchterner machen.

Wolfgang

PS: Es hat mich sehr gefreut. mit Ihnen darüber sprechen zu dürfen.

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'Ist das denn wirklich wahr?'

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Freitag, 24.11.2023, 14:26 (vor 155 Tagen) @ W.W.

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Damit bin ich bei FICHTE angelangt. Ist uns nicht viel verlorengegangen, weil wir das nicht mehr glauben, was uns Großmütter erzählen und was in der Zeitung steht. Dauernd müssen wir uns misstrauisch umdrehen und uns fragen: 'Ist das denn wirklich wahr?' stellen.

Im Merkur steht heut folgendes:
Verwirrung um den Weihnachtsbaum am Münchner Marienplatz
https://www.merkur.de/lokales/wolfratshausen/koenigsdorf-ort377103/fichten-tannenbaum-v...

kann ich das jetzt glauben, auch wenn es nur online steht und ich die Printausgabe nicht vorliegen hab ?

--
das Geheimnis der Medizin besteht darin,
den Patienten abzulenken,
während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

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Bin ich ein schlechter Mensch?

agno @, Freitag, 24.11.2023, 20:56 (vor 155 Tagen) @ naseweis

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Damit bin ich bei FICHTE angelangt. Ist uns nicht viel verlorengegangen, weil wir das nicht mehr glauben, was uns Großmütter erzählen und was in der Zeitung steht. Dauernd müssen wir uns misstrauisch umdrehen und uns fragen: 'Ist das denn wirklich wahr?' stellen.

mistrausch um mich schauend...
Ich glaube dass der Schreiber Unwahrheit von sich gibt.
Ich glaube dass unsere Oma schon längst gestorben ist.


Im Merkur steht heut folgendes:
Verwirrung um den Weihnachtsbaum am Münchner Marienplatz
https://www.merkur.de/lokales/wolfratshausen/koenigsdorf-ort377103/fichten-tannenbaum-v...

kann ich das jetzt glauben, auch wenn es nur online steht und ich die Printausgabe nicht vorliegen hab ?

und nun habe ich ein maximales Problem!
1. Kann ich Tannen und Fichten nicht unterscheiden.
2. Ist es mir sogar egal, wenn in München eine Kokospalme aufgestellt wird.
3. Kenne ich den "Fachmann" nicht.
4. Hat die Wahl der münchner Christbaumsorte keinerlei Einfluss auf mein Wohlbefinden.
Und trotzdem, hat dieser Artikel im "Merkur" meine schlechtesten Charakterzüge aktiviert:
"Ich habe etwas dazu geschrieben, obwohl ich keine Ahnung habe und dazu ist meine Oma schon lange tot ist.

Bin ich deshalb ein schlechter Mensch?

agn:confused:

P.S.: Was wäre wenn Oma thematisiert würde, wärend wir selbst schon die alten Leute wären, die gerne welterklärende Geschichten erzählen würden...?

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Weiß nicht, woher ich komm, weiß nicht, wie lang ich bleib, weiß nicht, wohin ich geh, mich wundert, dass ich glücklich bin ...

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über Fichten

naseweis ⌂ @, in meinem Paradies, Freitag, 24.11.2023, 14:28 (vor 155 Tagen) @ W.W.

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Im dichten Fichtendickicht nicken dicke Fichten tüchtig.

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während die Natur sich selber hilft (Voltaire)

Sisyphos hatte es auch nicht leicht

über Fichte

fRAUb, Freitag, 24.11.2023, 21:20 (vor 155 Tagen) @ naseweis

... Den durfte ich mal kennenlernen :

https://www.thv-handball.de/index.php/991-12-05-2021-bernd-fichtner-wird-ehrenamtlicher...

Man nennt ihn auch "Fichte"...

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