...Ist die MS eine Autoimmunkrankheit? (Allgemeines)
Auf der Suche nach der Ursache der MS.
Ich habe mir das lange überlegt: Man kann die Autoimmuntheorie kurz schildern oder lang und breit darüber erzählen, und man kann sich auch darüber streiten, ob es sich um eine Theorie oder nur eine Hypothese handelt. Ich habe mich für die längere und vermutlich auch umständlichere Version entschieden, weil ich glaube, dass hier der Schlüssel für die Lösung eines Rätsels verborgen liegt. Wenn jemand von der fixen Idee beherrscht wird, der rostige Schlüssel, der die Lösung für die Ursache der MS ist, läge irgendwo in einem verwilderten Garten verborgen, im Gras, unter Brennnesseln und Brombeerranken oder von Wurzeln überwuchert, dann ähnelt er einem Wahnsinnigen, aber es könnte sich auch um einen verrückten Romantiker handeln, der irgendetwas sucht, was sich eigentlich nur in seinem Geist befindet, und gar nicht einmal so selten, sind es gerade die romantischen Geister, die etwas Neues finden.
Mein Gedankengang ist im Folgenden folgender: Wie ist man überhaupt auf die Autoimmuntheorie gekommen? Warum ist sie bis heute so erfolgreich? Und warum ist die vermutlich falsch?
Ist die MS eine Autoimmunerkrankung?
Die Annahme, die MS könnte eine Autoimmunkrankheit sein, wurde in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts geboren und wurde in der MS-Gemeinde wie eine Erlösung gefeiert. Was hatte man nicht schon alles alles angeschuldigt: Hysterie, unterdrückte Ängste, Schweiß, der nicht über die Schweißdrüsen nach außen, sondern nach innen ins Gehirn abgesondert wird, Thrombosen in Hirnvenen, fehlgeleitete Impfreaktionen und nicht zuletzt geheimnisvolle M-Erreger wie z.B. die Spirochäten?
Die Tollwutschutzimpfung kann tödliche Komplikationen haben!
Die Geschichte begann damit, dass der französische Chemiker Louis Pasteur 1885 einen Jungen impfte, der von einem tollwütigen Hund gebissen worden war. Es handelte sich um einen neunjährigen Bäckersohn und Pasteur benutzte einen Impfstoff, den er aus abgeschwächten Tollwutviren hergestellt hatte, die sich im Gehirn und Rückenmark von Kaninchen vermehrt hatten. Der Junge überlebte, was einem Wunder gleichkam.
In der Folgezeit, also gegen Ende des 19. Jahrhunderts, kam es jedoch in einzelnen Fällen zu schwerwiegenden Komplikationen nach der Impfung: Wenige Tage bis Wochen nach der Impfung entwickelten die Betroffenen Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühle und Hirnnervenausfälle. Man sprach von einer postvakzinalen Encephalomyelitis, d.h. einer Entzündung des Gehirns und des Rückenmarks, die nach der Impfung (= postvakzinal) auftrat und oft so dramatisch verlief, dass die Betroffenen daran starben oder nur mit schweren bleibenden Behinderungen überlebten.
Obwohl weder das klinische Bild, noch die mikroskopisch nachweisbaren Hirnveränderungen eine Ähnlichkeit mit der Tollwut hatten, wurden die Impfkomplikationen fast ein halbes Jahrhundert lang auf das abgeschwächte Tollwutvirus zurückgeführt, das möglicherweise nicht unschädlich genug gemacht worden war, bis Rivers 1937 eine erstaunliche Entdeckung machte: Affen, denen das Rückenmarksgewebe von Kaninchen injiziert worden war, entwickelten Symptome, die mit der oben beschriebenen Impfreaktion identisch waren.
Die Ursache war nicht der abgeschwächte Tollwuterreger, sondern das artfremde Eiweiß.
Erst jetzt wurde klar, dass die postvakzinale Encephalomyelitis nichts mit der Tollwut zu tun hatte, sondern auf einer Überempfindlichkeitsreaktion gegen artfremdes Hirngewebe beruhte, weil der Impfstoff mit Resten davon verunreinigt war.
Da die Symptome der postvakzinalen Encephalomyelitis mit den Lähmungen und Gefühlsstörungen vage an die MS erinnerten und auch die entzündlichen Veränderungen im Gehirn Ähnlichkeiten zwischen beiden Erkrankungen aufwiesen, entstand die Hypothese, dass es sich auch bei der MS um eine Überreaktion des Immunsystems gegen die weiße Hirnsubstanz handele.
Die experimentelle allergische Encephalomyelitis (EAE)
Daraus entwickelte sich das Tiermodell der MS: die experimentelle allergische Encephalomyelitis (EAE). Weil nur wenige Tiere eine Encephalomyelitis entwickelten, musste man 'nachhelfen', indem man ihnen nicht nur artfremdes Myelin spritzte, sondern dieses auch noch mit Motorenöl und Tuberkelbakterien vermischte. Aber auch dieser grausige Cocktail hatte nur in einigen Fällen den erwünschten Erfolg, und man musste dann Ratten, Goldhamster und Pinseläffchen genetisch verändern, damit sie 'anfälliger' für die EAE wurden.
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W.W.